Die Kunsthalle Bern feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Weltberühmt haben den Kunstort die Ausstellungen des Berner Direktors und Kurators Harald Szeemann gemacht. 1968 hat der Künstler Christo anlässlich der Ausstellung «12 Environments» die Kunsthalle verpackt. Es war eine der ersten Aktionen dieser Art von Christo. Ein Jahr später hat Harald Szeemann mit «Live in Your Head. When Attitudes Become Form» der Konzeptkunst zum Durchbruch verholfen und auch für öffentliche Aufruhr gesorgt.
«Szeemann war ein Energiereservoir und eine Energiekanone, ein Freigeist, guter Trinker und Raucher», erinnert sich der Berner Kulturphilosoph, Schriftsteller und Kurator Gerhard Johann Lischka. Szeemann habe sich mit seinen Ausstellungen an die Ränder der Kunst begeben und habe die Begabung gehabt, Leute um sich zu scharen und mit ihnen Ausstellungen zu entwickeln. «Damit ist er als Ausstellungsmacher zu einem Superkünstler geworden», sagt Lischka. Das war damals neu.
«Solche Ausstellungen wie damals wären heute nicht mehr möglich», sagt Valérie Knoll, die heutige Direktorin der Kunsthalle. Damals sei alles im Um- und Aufbruch gewesen, alte Werte zerstört worden. «Heute gibt es viel mehr ein Nebeneinander der Ausdrucksformen», sagt Knoll. Ihre Aufgabe sei es, die roten Fäden zu zeigen im aktuellen Kunstschaffen. Und sie fühle sich eher den leisen Tönen verpflichtet. «Das Laute schlägt rasch in Populismus um», sagt Knoll.
«Die Kunsthalle ist nicht mehr der Leuchtturm von früher», sagt Alice Henkes, SRF-Kulturredaktorin. Heute gebe es viele mehr Mitspieler, bei der Präsentation der zeitgenössischen Kunst. Das Kunstmuseum Bern habe schon lange die Gegenwartskunst entdeckt, zudem gebe es viele Off-Spaces, kleiner Räume, wo aktuelles Kunstschaffen gezeigt werde und Künstler sich austauschten.
Die Kunsthalle habe aber immer noch ihren Platz in der Kunstwelt, allerdings eher als Ausstellungsort ähnlich wie ein Museum.
Zum hundertjährigen Jubiläum dieser anhaltenden Zeitgenossenschaft findet am 18. Mai eine öffentliche Feier statt. Eine Jubiläumspublikation und Spezialeditionen von mit dem Haus verbundenen Künstlern werden veröffentlicht, und eine digitale Plattform zur Erschliessung des Archivs nimmt ihren Betrieb auf.
Einen vertieften Einblick in die Geschichte des Hauses wird ab Juni eine grosse Harald Szeemann-Ausstellung ermöglichen.