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Verhüllte Kunsthalle
Legende: Im Jahr 1968 hat der Künstler Christo die Kunsthalle verhüllt und damit für weltweites Aufsehen gesorgt. Getty Research Institute, 2011.M.30. Photo: Balthasar Burkhard. © Christo

Kunsthalle Bern 100 Jahre Gegenwartskunst

In den 1960ern haben radikale Ausstellungen die Berner Kunsthalle weltbekannt gemacht. Heute ist sie leiser.

Die Kunsthalle Bern feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Weltberühmt haben den Kunstort die Ausstellungen des Berner Direktors und Kurators Harald Szeemann gemacht. 1968 hat der Künstler Christo anlässlich der Ausstellung «12 Environments» die Kunsthalle verpackt. Es war eine der ersten Aktionen dieser Art von Christo. Ein Jahr später hat Harald Szeemann mit «Live in Your Head. When Attitudes Become Form» der Konzeptkunst zum Durchbruch verholfen und auch für öffentliche Aufruhr gesorgt.

«Szeemann war ein Energiereservoir und eine Energiekanone, ein Freigeist, guter Trinker und Raucher», erinnert sich der Berner Kulturphilosoph, Schriftsteller und Kurator Gerhard Johann Lischka. Szeemann habe sich mit seinen Ausstellungen an die Ränder der Kunst begeben und habe die Begabung gehabt, Leute um sich zu scharen und mit ihnen Ausstellungen zu entwickeln. «Damit ist er als Ausstellungsmacher zu einem Superkünstler geworden», sagt Lischka. Das war damals neu.

Ausstellung Kunsthalle Bern.
Legende: Die Kunsthalle zeigt seit ihrer Gründung stets Kunstschaffen der jeweiligen Zeit – Ausstellung «Raw and Delirious» von 2015. Kunsthalle / ZVG

«Solche Ausstellungen wie damals wären heute nicht mehr möglich», sagt Valérie Knoll, die heutige Direktorin der Kunsthalle. Damals sei alles im Um- und Aufbruch gewesen, alte Werte zerstört worden. «Heute gibt es viel mehr ein Nebeneinander der Ausdrucksformen», sagt Knoll. Ihre Aufgabe sei es, die roten Fäden zu zeigen im aktuellen Kunstschaffen. Und sie fühle sich eher den leisen Tönen verpflichtet. «Das Laute schlägt rasch in Populismus um», sagt Knoll.

«Die Kunsthalle ist nicht mehr der Leuchtturm von früher», sagt Alice Henkes, SRF-Kulturredaktorin. Heute gebe es viele mehr Mitspieler, bei der Präsentation der zeitgenössischen Kunst. Das Kunstmuseum Bern habe schon lange die Gegenwartskunst entdeckt, zudem gebe es viele Off-Spaces, kleiner Räume, wo aktuelles Kunstschaffen gezeigt werde und Künstler sich austauschten.

Die Kunsthalle habe aber immer noch ihren Platz in der Kunstwelt, allerdings eher als Ausstellungsort ähnlich wie ein Museum.

Start mit Kostümfesten

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Kunsthalle, historische Aufnahme.
Legende: Kunsthalle / ZVG

Gegründet wurde die Kunsthalle 1918 durch einen von den Berner Künstlern getragenen Verein, der sich unter anderem durch Kostümfeste finanzierte. Noch 1968 musste das Berner Tagblatt seine Leserschaft darüber in Kenntnis setzen, «dass die Feste der Kunsthalle Bern, hinter denen manche Leute Orgien schlimmster Sorte vermuten, zu den fröhlichsten und buntesten Anlässen gehören, die Bern zu bieten hat».

Die Kunsthalle ist, wenngleich heute massgeblich von der Stadt Bern finanziert, ideell das Haus der Berner Künstlerschaft geblieben. Gezeigt wird Kunst lokaler, nationaler und internationaler Herkunft. Das heimische Schaffen wird seit langem in der über den Jahreswechsel stattfindenden Weihnachtsausstellung gewürdigt, seit 2011 als überregionale «Cantonale Bern Jura». Die ausdrückliche Aufgabe der Kunsthalle ist es, Gegenwartskunst zu zeigen, ohne selbst eine Sammlung aufzubauen. Diese Aufgabe übernimmt die 1987 gegründete Stiftung Kunsthalle.

Zum hundertjährigen Jubiläum dieser anhaltenden Zeitgenossenschaft findet am 18. Mai eine öffentliche Feier statt. Eine Jubiläumspublikation und Spezialeditionen von mit dem Haus verbundenen Künstlern werden veröffentlicht, und eine digitale Plattform zur Erschliessung des Archivs nimmt ihren Betrieb auf.

Kunsthalle mit Aussenraum
Legende: Ein Baumhaus für das Jubiläum: Im temporären Aussenraum werden ab Juni Veranstaltungen stattfinden. Andreas Lüthi / SRF

Einen vertieften Einblick in die Geschichte des Hauses wird ab Juni eine grosse Harald Szeemann-Ausstellung ermöglichen.

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