Szenen aus dem Knastalltag
Es sind nur wenige Bilder, die im Museum der Heilsarmee in Bern ausgestellt sind. Doch alle sind sie im Knast entstanden. Die Ausstellung zeigt etwa 25 Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen aus den Strafanstalten Lenzburg (AG) und Saxerriet (SG).
Menschlicher Umgang
Marlise Pfander war bis vor einigen Jahren selbst Gefängnisleiterin. Sie stand dem Regionalgefängnis Bern vor. Heute ist sie pensioniert und präsidiert den Verein «Kunst im Knast», der das Kunstschaffen in Strafanstalten fördern und die Werke öffentlich zeigen will. «Häftlinge sind auch Menschen. Durch die Malerei können sie sich ausdrücken. Das ist wichtig, denn viele sind alleine und haben keine Angehörigen.»
Emotionen freilegen
Sie sehe viele Gefühle in den Bildern, sagt Marlise Pfander. «Ich sehe Verzweiflung, Angst, Einsamkeit, aber auch Fröhlichkeit. Die Emotionen der Häftlinge werden sichtbar.» Und das helfe den Inhaftierten, schon nur um sich abzureagieren. Gleichzeitig könnten die Häftlinge sich und ihren Emotionen begegnen. «Im Knast müssen sie sich so oder so mit sich selbst und ihren Delikten beschäftigen.»
Eindrückliche Werke
Marlise Pfander hat unter den Häftlingen auch grosse Talente gesehen. «Einmal hatte ich einen Insassen, der nicht zu bändigen war und ständig aggressiv wurde. Dann liessen wir ihn malen. Wie er sein Innenleben zu Papier brachte, war sehr eindrücklich.»
Nichts beschönigen
Aber rückt eine Ausstellung mit Knastkunst die Delikte der Häftlinge nicht in den Hintergrund? Nein, findet Marlise Pfander: «Mit der Ausstellung wird nichts beschönigt. Die Delikte sind begangen worden. Aber man muss die Insassen ja nicht zusätzlich strafen. Und auch ein Häftling darf ein Künstler sein.»
Die Ausstellung «Knastkunst 2017» ist im Museum der Heilsarmee in Bern zu sehen.