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Lebendige Demokratie In Sitten informieren die Bürger über die Abstimmung

20 Frauen und Männer haben ein Faktenblatt zur Vorlage erarbeitet. Ziel: Durch einfache Worte das Interesse zu wecken.

Auf einem A4-Blatt sind die wichtigsten Fakten zur Initiative des Mieterverbandes, über die am 9. Februar in Sitten abgestimmt wird, zusammengefasst. Und dies in einfacher Sprache. Alle 21'000 Stimmberechtigten in Sitten erhalten diesen Bürgerbrief – gleichzeitig mit den Abstimmungsunterlagen.

Ich war beeindruckt, nach welchen strengen Regeln die Diskussionen geführt wurden.
Autor: Ismael Grosjean Ökonom, Mitglied Panel

Erarbeitet haben das Faktenblatt 20 Frauen und Männer aus Sitten. Aus 200 Stimmberechtigten wurden sie von der Universität Genf, die das Pilotprojekt leitet, ausgesucht. Dabei an den vier Tagen letzten Herbst war zum Beispiel Ismael Grosjean. Der Ökonom war beeindruckt von den strengen Regeln bei den Diskussionen. «Die Organisatoren sind sofort eingeschritten, wenn jemand seine persönliche Meinung durchblicken liess. Das war ausdrücklich nicht erwünscht.»

Das Ziel: Die Demokratie zu beleben

Dabei im Bürgerkomitee waren Leute zwischen 20 und 75 Jahren und mit ganz unterschiedlichen beruflichen Erfahrungen: Von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin über den Handwerker bis zur Hausfrau. Nenad Stojanovic, Politologe der Universität Genf, erhofft sich, dass sich die Stimmberechtigten durch das Faktenblatt in einfacher Sprache wieder mehr für Politik interessieren, dass die Demokratie so belebt wird und wieder mehr Leute an Abstimmungen teilnehmen.

Nenad Stojanovic hatte etwas Angst vor diesem Experiment, wie er selber sagt. «Ich fragte mich, ob organisatorisch alles klappen wird und ob die Leute nicht nach ein, zwei Tagen sagen, es sei nicht interessant.»

Portrait Nenad Stojanovic.
Legende: Der Projektleiter Nenad Stojanovic war zuerst skeptisch, ob das Projekt in Sitten ankommt. Keystone

Die Befürchtungen trafen nicht ein. Er sei beeindruckt, wie gut Leute, die keine politische Erfahrung haben, nach nur vier Tagen eine komplexe Vorlage verstehen könnten, sagt Nenad Stojanovic. «Ich war begeistert, wie eine Coiffeuse oder ein Sekretär über eine komplexe Sache diskutieren können und eine klare Meinung darüber haben.»

Das Projekt in Sitten ist mit der Abstimmung vom 9. Februar nicht zu Ende. 2500 Stimmberechtigte in Sitten werden danach befragt – ob das Faktenblatt für sie ein Mehrwert war oder nicht. Wenn es wie in den USA sei, sagt Politologe Nenad Stojanovic, dann hätten die Stimmberechtigten mehr Vertrauen in normale Bürgerinnen und Bürger als in die Politikerinnen und Politiker.

Dieser Bürgerbrief soll die Informationen aus dem Abstimmungsbüchlein nicht konkurrenzieren, sondern ergänzen.
Autor: Nenand Stojanovic Politikprofessor, Universität Genf

Stojanovic hat bereits jetzt Erfolg mit dem Pilotprojekt: «Ich habe viele Anfragen erhalten – aus Zürich, Bern, der Waadt oder dem Tessin.» Das Interesse sei also da und dies nicht nur auf kommunaler, sondern auch auf kantonaler Ebene.

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