Rund sieben Jahre – so lange dauert der Bau des zweiten Gotthardtunnels. Sieben Jahre, während denen 170 Arbeiter in Göschenen im Kanton Uri leben und arbeiten werden. Das ist für Göschenen eine grosse Sache: Das Dorf ist von einer grossen Abwanderung betroffen und zählt heute noch 450 Einwohner. Viele Häuser stehen leer und sind baufällig.
«Eine verpasste Chance»
Das Bundesamt für Strassen Astra plant, die Arbeiter in einer neu errichteten Containersiedlung am Dorfrand von Göschenen in Einzelzimmer unterzubringen. Und auch die Kantine käme in unmittelbarer Nähe zu den Unterkünften.
«Eine verpasste Chance», kritisiert nun der Historiker Kilian Elsasser, der in Göschenen ein Haus besitzt. Es gäbe im Dorf viele leere Häuser, in denen die Arbeiter untergebracht werden könnten. «Das gibt den Hausbesitzern den Anreiz, die Gebäude zu sanieren.»
Die Variante des Bundes sieht er als nicht nachhaltig an: «Nach sieben Jahren sind die Arbeiter wieder weg und das Dorf hat nichts davon.» Als Kantine würde sich gemäss Gotthard-Kenner Elsasser das historische Bahnhofbuffet eignen. Dieses ist seit einigen Jahren geschlossen.
«Nicht Aufgabe des Bundes»
Für Projektleiterin Valentina Kumpusch vom Bundesamt für Strassen (Astra) kann es allerdings nicht Aufgabe des Bundes sein, mit Steuergeldern ein Dorf zu sanieren. «Wenn es darum geht, alte Häuser zu sanieren wissen wir alle, dass das sehr teuer ist.» Zudem sei es nicht ideal, wenn die Arbeiter im ganzen Dorf verteilt seien. Im historischen Buffet sei aber ein Infocenter für Besucher geplant.
Gemäss Historiker Elsasser ist Göschenen historisch eine Perle: «Das Dorf hat europäische Bedeutung – nirgendwo sonst kann man die Entwicklung des Verkehrs vom Säumerpfad über die Eisenbahn bis zur Autobahn so eindrücklich sehen wie in Göschenen.» Dies sei sich der Bund zu wenig bewusst. Offiziell aufgelegt wird das Projekt im Frühling. Dann besteht auch die Möglichkeit für Einsprachen.