Der Beschuldigte habe in einer «Kurzschlusshandlung» seine untreue Gattin getötet, sagte der Verteidiger. Die Staatsanwältin sprach von einer «egoistischen» und «unfassbaren Greueltat».
Unter Druck der Familie
Die erste Instanz hatte vor einem Jahr den heute 43-jährigen Beschuldigten wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt. Den Verzicht auf eine lebenslange Strafe für den Ehrenmord hatte sie damit begründet, dass der Beschuldigte in einem familiären Konflikt gestanden sei.
Er sei wegen seiner untreuen Gattin unter Druck der Familie gewesen, sagte der Beschuldigte am Dienstag vor dem Kantonsgericht zu seiner Tat. Vor allem zwei Onkel in Syrien hätten ihn bedrängt, die Ehre der Familie wieder herzustellen.
Verteidiger sieht Mord als Kurzschlusshandlung
Es sei nicht nur ein Ehrenmord gewesen, sagte der Verteidiger. Das Tatmotiv sei vielmehr vielschichtig. Für den Verteidiger war diese Tötung eine Kurzschlusshandlung, verursacht durch den Ehebruch, die Überforderung mit den Kindern, den Tratsch in der kurdischen Gemeinschaft über seine Ehe, den Gesichtsverlust und den Druck der Onkel.
Der Verteidiger forderte, dass bei der Beurteilung der Tat der kulturelle Hintergrund des Beschuldigten stärker berücksichtigt werde. Er forderte ein ethnologisch-psychiatrisches Gutachten, damit der Tathintergrund ausgeleuchtet und das Tatverschulden festgestellt werden könne.
Kurdische Kultur nicht Schuld an Tat
Das Kantonsgericht wird im Rahmen seiner Beratungen über diesen Antrag befinden. Für die Staatsanwältin war klar, dass es ein solches Gutachten nicht brauche. Die kurdische Kultur sei nicht schuld an der Tat, nur der Beschuldigte, sagte sie. Seine Ehre sei verletzt gewesen, weil seine Frau sich in seiner Abwesenheit ein eigenes Leben aufgebaut habe, das er nicht habe kontrollieren können.
Für die Staatsanwaltschaft handelte der Beschuldigte nicht spontan. Er habe die Tötungsabsicht schon vorher gefasst und dann die Situation in der Wohnung ausgenutzt. Sie zweifelte auch daran, dass die Onkel in Syrien wirklich Druck auf ihn ausgeübt hätten. Zudem habe er selbst schon seit Jahren im Westen gelebt.
Das Kantonsgericht wird sein Urteil zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich bekanntgeben.