- Die Gemeinde Steinhausen soll der Zuger Piratenpartei Einsicht in alle Gemeinderatsprotokolle der jüngsten Zeit gewähren, so das Bundesgericht.
- Betroffen sind die Protokolle von 38 Sitzungen des Gemeinderates seit Mai 2014.
- Zunächst müsse die Verwaltung nun den anfallenden Arbeitsaufwand abschätzen und damit die Gebührenhöhe festlegen.
Der Präsident der Steinhauser Piratenpartei hatte bereits im November 2015 beim Gemeinderat ein Gesuch eingereicht, gestützt auf das Zuger Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip: Stefan Thöni verlangte darin nicht Einsicht in ein spezifisches Dokument, er forderte vielmehr gleich Zugang zu sämtlichen Protokollen der Sitzungen des Gemeinderates seit Mai 2014.
Der Gemeinderat verwies darauf, dass es sich um 38 Protokolle handle, in denen insgesamt über 500, teilweise mehrseitige Beschlüsse enthalten seien. Das Gesuch der Piraten sei viel zu unbestimmt, sagte die Behörde. Der Zuger Regierungsrat und das Verwaltungsgericht wiesen das Gesuch in der Folge ebenfalls ab.
Dokumente ausfindig machen
Zu Unrecht, hält nun das Bundesgericht in seinem Urteil fest. Gemäss Zuger Öffentlichkeitsgesetz müsse ein Gesuch zwar hinreichend genau formuliert sein. Doch bedeute dies nicht, dass darin ein einzelnes Dokument erwähnt sein müsse.
Im Gesetz werde lediglich ein genau formuliertes Zugangsgesuch gefordert, um «die Behörden darin zu unterstützen, die verlangten amtlichen Dokumente ausfindig zu machen», schreibt das Bundesgericht.
Allzu hohe Anforderungen dürften dabei nicht gestellt werden: «Es genügt, wenn die nachgesuchten Dokumente ohne grössere Schwierigkeiten identifiziert werden können.» Dies sei vorliegend offensichtlich der Fall gewesen. Der Steinhauser Gemeinderat habe ja die 38 Protokolle ausfindig machen können.
Jeden Beschluss einzeln zu beurteilen, würde die Gemeinde Steinhausen lahmlegen.
Trotz dieses Urteilspruchs erhalten die Piraten vorerst noch keinen Zugang zu den Protokollen mit den über 500 Beschlüssen. Der Gemeinderat müsste diese vor der Herausgabe noch durchsehen und im Einzelfall prüfen, ob gewisse Entscheide oder Abschnitte wegen öffentlicher oder privater Interessen abgedeckt werden.
«Jeden Beschluss einzeln zu beurteilen und zu bearbeiten, würde die Gemeinde Steinhausen lahmlegen – für diese Arbeit müsste ich jemanden einstellen, denn die Arbeit ist für unseren Gemeindeschreiber aktuell schlicht nicht machbar», sagt Barbara Hofstetter, Gemeindepräsidentin von Steinhausen, auf Anfrage von Radio SRF.
Die für die Publikation nötige Anonymisierung ist eine Kleinigkeit.
Stefan Thöni, Co-Präsident der Piratenpartei Schweiz sieht das anders: «Die Gemeinde besitzt bereits die entsprechende Software. Die für die Publikation nötige Anonymisierung ist dann nur noch eine Kleinigkeit.»
Notfalls nochmals vor Gericht
Das Bundesgericht weist den Gemeinderat von Steinhausen nun an, abzuschätzen, wie gross dieser Aufwand sein wird. «Fällt dieser nicht derart exorbitant aus, dass der Geschäftsgang über längere Zeit übermässig behindert oder nahezu lahmgelegt würde», sei die Piratenpartei zu informieren, was für eine Gebühr anfallen werde. Diese dürfe höchstens kostendeckend sein. Erst wenn die Piraten bereit sind, diese Gebühr zu tragen, werden die Gemeinderatsprotokolle redigiert und herausgegeben.
Mit ein paar hundert Franken Gebühren habe ich kein Problem.
Stefan Thöni meint dazu: «Mit ein paar hundert Franken Gebühren habe ich kein Problem. Wenn das aber hohe Beträge sind, die ich mir nicht leisten kann und will, behalte ich mir einen weiteren Gang durch die rechtlichen Instanzen vor.»
Protokolle sollen im Netz publiziert werden
Die Piraten sehen sich mit dem Urteil als klare Gewinner: Der Entscheid mache den Weg frei für umfassende Transparenz bei den Zuger Behörden, kommentieren die Piraten das Bundesgerichtsurteil in einer Medienmitteilung vom Mittwoch.
In Steinhausen haben sie nun gleich eine Motion eingereicht, die verlangt, dass die Protokolle der Gemeinderatssitzungen inskünftig im Internet publiziert werden und damit für jeden Einwohner einsehbar sind.