SRF: Patrik Müller, Sie sind seit Beginn Chefredaktor der «Schweiz am Sonntag». Was ist grösser bei Ihnen: die Trauer darüber, dass es das Blatt nun nicht mehr gibt oder die Vorfreude darauf, was am nächsten Samstag erscheint?
Patrik Müller: Eindeutig die Vorfreude. Die Medienlandschaft verändert sich. Wir machen die Veränderung mit. Übrigens nicht zum ersten Mal. Am Anfang hiessen wir ja «Sonntag». Dann haben wir uns zur «Schweiz am Sonntag» weiterentwickelt zusammen mit einem Bündner Verlag. Und neu heisst es jetzt «Schweiz am Wochenende», eine Zeitung für Samstag und Sonntag. Wir sind also weiterhin auch eine Sonntagszeitung. Aber eben angedacht als Zeitung, die für das ganze Wochenende funktioniert.
Aber bis vor Kurzem hiess es ja noch, am Sonntag könne man die grossen Inserenten abholen, diese wollten in die Sonntagspresse. Und am Sonntag hätten die Leute viel Zeit zum Lesen. Gilt das denn plötzlich nicht mehr?
Das mit dem Lesen gilt schon noch. Aber am Samstag haben die Leute ebenfalls Zeit. Wir machen eine Zeitung, die umfangreicher ist als die heutige «Schweiz am Sonntag». Man hat sie am Samstag im Briefkasten und kann dann selber sagen, ob man sie am Samstag oder am Sonntag lesen will. Bei den Inserenten, da hat sich aber etwas verändert. Die Werbung ging von der Sonntagspresse ins Internet zu Google und Facebook. Das betrifft alle Verlage. Wir haben daraus geschlossen, mehr auf die Leser zu setzen und am Samstag zu erscheinen. Andere Verlage, die die gleiche Herausforderung haben, die bauen beim Journalismus ab und entlassen Redaktoren. Das finden wir den falschen Weg.
Sie entlassen nicht. Aber Sie bauen ab. Abonnenten bekamen bis jetzt sieben Mal pro Woche eine Zeitung. Neu nur noch sechs Mal. Das ist doch ein Leistungsabbau.
Wir vertragen weniger Papier. Das ist richtig, einmal in der Woche weniger. Aber wir sehen ja alle, was passiert: Internet, Digitalisierung ... Wir haben am Sonntag weiterhin eine aktuelle «Schweiz am Wochenende». Wenn man sie digital liest, haben die Abonnenten eine aktualisierte Version. Wenn der FC Aarau am Samstag spielt oder wenn sonst etwas passiert, dann ist das am Sonntag drin in der elektronischen Ausgabe. Ich glaube, das ist die Zukunft. Wir wollen weiterhin eine gedruckte Zeitung machen. Aber das Leseverhalten geht halt Richtung digital.
Patrik Müller, haben Sie das Gefühl, Sie seien ein Vorreiter? Werden die anderen Verlagshäuser nachziehen?
Ich weiss nicht, was die anderen planen. Aber die Logik ist schon die: Bis vor ein paar Jahren ging die Werbung massiv in die Sonntagspresse. Das hat sich bei allen verändert. Die Frage ist nun, wie man darauf reagiert. Früher, als das Geld vorhanden war aus der Werbung, konnte man drucken und vertreiben am Sonntag. Aber am Sonntag ist alles doppelt so teuer wegen der Zuschläge. Wenn es nicht mehr funktioniert mit den Werbeerlösen, muss man sich neue Wege überlegen. Ob es die anderen auch so machen wie wir, das weiss ich nicht. Aber ich glaube schon, dass wir einen Weg gehen, der an anderen Orten sehr genau beobachtet wird.
Ihr Verleger, Peter Wanner, hat schon wiederholt gesagt, dass man sich die Montagsausgabe sparen könne. Ist das nun der nächste Schritt, auch die Montagsausgabe einzustampfen? Oder ist das nun mit der Verlegung der Sonntagsausgabe auf den Samstag vom Tisch?
Im Moment ist das kein Thema. Wir haben gesagt, dass wir zwei Zeitungen zu einer sehr guten einzigen Ausgabe zusammenlegen anstatt eine davon einfach einzustellen. Darum ist der Montag momentan gesichert. Wie das in fünf oder zehn Jahren aussieht, das ist offen. Alle Verlage überlegen sich: Was macht man gedruckt, was digital? Momentan steht unsere Montagausgabe aber nicht zur Disposition.