Sprayen erlaubt: Das gilt seit 2003 bei einer Stützmauer neben dem Bahnhof Grenchen Nord. Weil die Graffiti dort gut sichtbar sind, ist die legale Sprayerwand beliebt. Nun soll gleich daneben eine neue Mauer gebaut werden – um noch mehr Platz für Graffiti zu schaffen.
Eine Mauer bauen, nur um eine Fläche zu schaffen, die dann versprayt werden kann? Einige Grenchner Gemeinderäte hatten an ihrer Sitzung am Dienstagabend Mühe, sich mit der Idee anzufreunden. «Gibt es eine Stadt auf dieser Welt, die schon mal so etwas gemacht hat?», fragte Nicole Hirt (GLP) in die Runde.
Farbtupfer fürs Stadtbild
Die Idee, die bestehende Sprayerwand zu verlängern, kommt von Matthias Meier-Moreno, CVP-Gemeinderat und Präsident des Jugendzentrums Lindenhaus. Die zusätzliche Mauer soll 40 Meter lang und bis zu 2 Meter hoch werden. «Das wird ein schweizweit einmaliges Projekt», vermochte Meier-Moreno eine Mehrheit des Rats zu begeistern.
Die Sprayerwand sei ein grosses Bedürfnis, war in der Diskussion zu hören. Graffiti seien Kultur und ein schöner Farbtupfer im Stadtbild, lautete ein Votum. Eine längere Sprayerwand verleihe Grenchen Urbanität, wurde gesagt.
Sogar FDP-Gemeinderat Robert Gerber stimmte zu: «Dass ich mich einmal für Sprayer einsetze, hätte ich mir vor ein paar Jahren auch noch nicht vorstellen können», meinte der ehemalige Stadtpolizei-Kommandant.
Win-Win-Situation für Sprayer und Stadt
Eine Mauer bauen, nur damit diese besprayt werden kann? Auch der Grenchner Stadtbaumeister hatte nichts gegen diese ungewöhnlichen Pläne einzuwenden. Eine Mauer komme der Stadtgärtnerei sogar noch entgegen, weil die dortige Böschung dann weniger steil und einfacher zu pflegen sei.
Mit 14 zu 4 Stimmen unterstützte der Grenchner Gemeinderat schliesslich die Idee einer neuen Mauer für Sprayer. Ob sie wirklich gebaut wird, hängt allerdings davon ab, ob der Gemeinderat später auch noch Geld dafür bewilligen wird.
Wenn Lehrlinge betonieren
Noch ist unklar, wie viel das Bauwerk kosten wird. Das wird nun abgeklärt. Wird die Mauer von einem Bauunternehmen erstellt, könnte sie 60'000 Franken kosten, meinte der Stadtbaumeister. Das Ziel ist allerdings, die Mauer billiger hinzubekommen. Es sollen Maurer-Lehrlinge eingesetzt und Sponsoren gesucht werden.
So oder so zu teuer ist das Projekt der SVP. Als einzige Partei hat sie der neuen Sprayerwand die Zustimmung verweigert.