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Nationalratswahlen Bern Corrado Pardini: «Die Abwahl hat mir den Boden weggezogen»

Nichts deutete im Vorfeld der Nationalratswahlen darauf hin, dass Corrado Pardini die Wiederwahl in den Nationalrat nicht schaffen würde. Aber die SP verlor bei den Wahlen im Kanton Bern zwei Sitze, die Grünen gewannen zwei dazu.

Der Sitzgewinn der Grünen ging auf Kosten der SP-Männer und der Gewerkschaften. Mit Pardini musste ein langjähriger Gewerkschafter das Bundeshaus verlassen.

In der Woche nach den Wahlen war er für die Medien nicht zu sprechen. Mit etwas Distanz liess sich der prominente Gewerkschafter nun aber doch zu einem Gespräch bewegen.

Corrardo Pardini

Gewerkschafter

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Er gilt als Gewerkschafter von altem Schrot und Korn: der 54-jährige Lysser Corrado Pardini. Seit Jahren setzt er sich besonders im Industriesektor für die Schwächsten ein. Er ist Geschäftsleitungsmitglied der Gewerkschaft Unia und Präsident des Gewerkschaftsbunds Kanton Bern. Nach acht Jahren im Nationalrat wurde das SP-Mitglied am 20. Oktober 2019 nicht wiedergewählt.

SRF News: Corrado Pardini, was geht in einem vor, wenn man so unerwartet abgewählt wird?

Corrado Pardini: Im Moment wird einem der Boden unter den Füssen weggezogen. Ich war enttäuscht, das schleckt keine Geiss weg, weil ich mit Leib und Seele dabei war. Nach der Analyse habe ich aber gesehen, dass sich die Wahlen in die richtige Richtung entwickelt haben: mehr Frauen, mehr Grüne.

Wurden Sie ein Opfer der Frauenpolitik Ihrer Partei, der SP?

Ich würde nicht sagen Opfer. Die Konstellation war speziell. Einerseits hatten wir eine Grüne Welle, die ich mit angestossen habe. Anderseits erlebten wir Frauenpower, die ich seit 30 Jahren unterstütze. Zudem hatte ich auch Pech mit dem Proporzsystem. Trotzdem muss sich die SP einige Fragen stellen.

Welche Fragen?

Die SP hat nicht auf die eigene Agenda gesetzt. Die soziale Arbeit müsste ins Zentrum gesetzt werden. Da hat sich die Partei zu stark im Schatten der Grünen bewegt. Die Leute wählen dann das Original.

Sie waren eine Woche lang für die Medien nicht erreichbar. Untergetaucht wäre zu viel gesagt, aber haben Sie die Zeit gebraucht?

Ich hatte einmal im Parlament eine Motion eingereicht, die ein Recht auf Abschalten verlangt. Davon habe ich nun Gebrauch gemacht. Ich habe einen Moment gebraucht, um die Lage noch einmal zu analysieren. Dabei wurde mir auch klar, dass ich mich weiterhin für die Leute einsetzen werde, die mit einem kleinen Lohn leben müssen.

Sie wollen sich weiterhin engagieren im Gewerkschaftsbereich. Aber im Nationalrat können Sie dies nicht mehr machen ...

Ich konnte Mehrheiten schaffen im Parlament, das können nicht alle von sich sagen. Ich konnte auch mit den bürgerlichen Parteien Geschäfte weiterentwickeln. Das kann und werde ich an einem anderen Ort einsetzen.

Das Gespräch führte Christian Liechti.

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