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Mann, der an Rednerpult steht
Legende: Medienwissenschaftler Mark Eisenegger kritisiert die klare Olympia-Positionierung von Verleger Hanspeter Lebrument. Keystone

Olympische Winterspiele 2026 Lebruments Kampf für Olympia

Er ist einer der mächtigen Männer in Graubünden. Wenn nötig, mischt sich Verleger Hanspeter Lebrument auch persönlich ein. Aktuell kämpft der 75jährige für Olympische Winterspiele 2026 im Kanton. Unabhängigkeit wäre wichtiger als Eigeninteressen, sagt dazu Medienwissenschaftler Mark Eisenegger.

Der 75-jährige Verleger setzt sich aktuell für Olympische Winterspiele 2026 in Graubünden ein. Bereits im Oktober hatte der langjährige Olympiafan gegenüber dem Regionaljournal Graubünden von Radio SRF gesagt: «Gibt es denn Gründe gegen Olympia?»

Zur Person

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Mark Eisenegger leitet an der Universität Salzburg die Abteilung Organisationskommunikation. Er ist Präsident des fög – Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich sowie Mitherausgeber des Jahrbuchs Qualität der Medien.

Seinen Journalisten riet er letzten Samstag via Interview in der «Südostschweiz», sie sollten schweigen, wenn sie grundsätzlich gegen das Jahrhundertprojekt seien. Was bedeutet die Haltung des Bündner Verlegers für Medien und Öffentlichkeit – das Gespräch mit Medienwissenschaftler Mark Eisenegger.

SRF: Verleger Hanspeter Lebrument positioniert sich klar als Olympiabefürworter – es gebe keine Gründe dagegen. Was sagen Sie zu dieser klaren politischen Positionierung?

Mark Eisenegger: Grundsätzlich darf der Journalismus eine Meinung haben. Aber eine solche Meinung muss das Resultat des Abwägens von Pro- und Kontra-Argumenten sein. Wenn Herr Lebrument sagt, es gebe keine Argumente gegen Olympische Winterspiele, dann ist dies problematisch. Es gibt durchaus Gründe dagegen, die man thematisieren müsste.

Das zentrale Argument des Somedia-Verlegers lautet, dass Olympische Winterspiele ein gutes wirtschaftliches Projekt für Graubünden wäre.

Hier kann man ein gewisses Verständnis haben. Die privaten Schweizer Medien sind in einer schwierigen Situation aufgrund der aktuellen ökonomischen Lage. Hier wäre Olympia für ein Medienhaus wie Somedia eine grosse Chance in einer schwierigen Zeit. Beispielsweise um Publizität und Berichterstattung zu produzieren und auf dieser Basis zu Werbeaufträgen zu kommen. Das leuchtet ein.

Wenn Herr Lebrument sagt, es gebe keine Argumente gegen Olympische Winterspiele, dann ist dies problematisch.

Dennoch sollte ein Medienhaus eine gewisse Zurückhaltung üben, wenn derart offensichtlich Eigeninteressen im Spiel sind. Letztlich geht es übergeordnet um ein viel wichtigeres Gut, nämlich um die eigene Unabhängigkeit.

Wieso ist die Unabhängigkeit eines Medienhauses wie Somedia wichtig?

Die Unabhängigkeit ist zentral für das Vertrauen der Rezipientinnen und Rezipienten in die Medienprodukte. Besonders heute angesichts der Diskussionen über Fake-New. Ich bin deshalb überzeugt, dass wir besonders heute professionelle Medien brauchen, die sich an professionellen Standards orientieren. Wenn dieses Vertrauen leiden würde – und das ist im Moment nicht der Fall, das möchte ich unterstreichen – dann wären die Leute weniger bereit, sich an ein Medium zu binden und dieses zu unterstützen.

Es ist zu befürchten, dass der Druck auf die Journalisten und Journalistinnen im Medienhaus Somedia relativ gross ist.

Was bedeutet die olympiafreundliche Haltung des Somedia-Verlegers für die Journalisten?

Ich glaube, es ist ein Problem, dass Herr Lebrument sehr dezidiert in der Öffentlichkeit Position für Olympia ergreift. Es ist zu befürchten, dass der Druck auf die Journalisten und Journalistinnen im Medienhaus Somedia relativ gross ist. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Redaktoren im Moment sehr genau überlegen, ob sie auch ein Contra-Argument in ihren Berichten erwähnen.

Schweizweit betrachtet, stehen wir vor einer Zeitenwende: Weg von Medienprodukten, die alle Seiten zu Wort kommen lassen, hin zu Medien, die selber Politik machen?

Im Moment sind wir von dieser Entwicklung zum Glück noch weit entfernt. Ich sehe keine Rückkehr der Parteipresse, bei der damals die Meinungsvielfalt über die grosse Anzahl Zeitungen zum Ausdruck kam. Im Gegensatz zu der früheren Parteipresse existieren jedoch heute deutlich weniger Medien. Die Vielfalt ist deutlich kleiner. Umso wichtiger ist es, dass innerhalb der Medien verschiedene Argument abgewogen werden, um dann am Schluss zu einer profilierten Meinung zu kommen.

Das Gespräch führte Stefanie Hablützel.

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