Der 63-Jährige ist Co-Leiter des Fachs Medien und Informatik sowie des Zentrums Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Luzern und doziert dort über Medienbildung. Er teilt sich das Pensum der Ombudsstelle mit der Juristin, Journalistin und Kommunikationsfachfrau Esther Girsberger. Das Duo löst ab April 2020 den aktuellen Ombudsmann Roger Blum ab.
SRF News: Die Ombudsstelle ist eine Art Reklamationsstelle für unzufriedenes SRF-Publikum. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Kurt Schöbi: Unmut oder Beanstandungen bedeuten, dass sich jemand unzufrieden oder zu wenig vertreten fühlt. Ich denke, dies ist eine natürliche Reaktion auf gewisse Inhalte. Diese muss man ernst nehmen. Man muss sich damit auseinandersetzen. Und zwar sowohl mit der Absicht der Redaktion, als auch mit der Reaktion aus dem Publikum. Es geht darum, Verständnis füreinander zu schaffen. Diese Vermittlungsfunktion mithilfe von Fakten steht im Vordergrund der Ombudsstelle.
Es geht bei Beanstandungen von Fernseh-, Radio- oder Onlinebeiträgen häufig darum, dass die Inhalte nicht sachgerecht oder tendenziös seien. Man hört auch immer wieder, Journalistinnen und Journalisten seien zum Beispiel «zu links.» Was halten Sie von diesen Vorwürfen?
Primär höre ich bei den Beiträgen eine kritische Auseinandersetzung heraus. Es wird auch hinter die Fassaden geschaut und mehr geleistet, als einfach Medienmitteilungen weiter zu verbreiten. Dies kann den Betroffenen, welche in eine Thematik involviert sind, vielleicht auch einmal weh tun. Dass Medienschaffende in der Tendenz politisch links stehen würden - diese Aussage wäre zu einfach. Ich stelle fest, dass man sich auf den Redaktionen viele Gedanken über die verschiedenen Aspekte einer Geschichte macht. Und schliesslich exponieren sich Journalistinnen und Journalisten und bieten damit auch Angriffsflächen.
Gibt es für Sie Grenzen? Was ist für Sie keine Beanstandung wert?
Wenn es zum Beispiel um das Aussehen, die Kleidung oder die Frisur einer Person geht. Ab und zu gibt es aber auch Beanstandungen, die im ersten Moment als Bagatelle erscheinen. Bei genauerem Betrachten merkt man aber, dass mehr dahintersteckt. Zum Beispiel, wenn kritisiert wird, dass die Fernsehsendung «Happy Day» Gebührengelder verschwende für ihre Überraschungsgeschenke. Da kann man aufklären, dass es sich dabei auch um Sponsorenbeiträge handelt und somitTransparenz schaffen.
Was passiert, wenn die Ombudsstelle eine Beanstandung gerechtfertigt findet?
Im ersten Moment - das mag frustrierend scheinen - nichts. Wir können Empfehlungen abgeben. Ob diese umgesetzt werden, ist den Redaktionen überlassen. Unser Einwand kann aber Diskussionen auslösen, vielleicht auch in der Öffentlichkeit. Die Beanstander zeigen sich häufig zufrieden, wenn sie eine differenzierte Antwort erhalten. Sie merken, dass sie ernst genommen werden.
Das Gespräch führte Karin Portmann.