Das Zürcher Opernhaus hat eine neue «Così fan tutte» im Spielplan. Eine Produktion, die nicht nur Aufsehen erregt, weil sie grossartig gemacht ist, sondern auch, weil sie unter besonderen Umständen entstanden ist. Die Proben zur Mozart-Oper fanden ohne den russischen Regisseur Kirill Serebrennikov statt, weil dieser in Moskau im Hausarrest sitzt .
Die aussergewöhnliche Entstehungsgeschichte eng begleitet hat Beate Breidenbach. Sie ist seit 11 Jahren Dramaturgin im Zürcher Opernhaus.
SRF: Beate Breidenbach, haben Sie das schon einmal erlebt, eine Inszenierung ohne Regisseur?
Beate Breidenbach: Nein, das hat niemand von uns je erlebt. Das ist eine Situation, die sollte es auch nicht geben. Der Regisseur sollte immer vor Ort sein. Und es sollte nicht vorkommen, dass er von irgendwelchen Regimen an seiner Arbeit gehindert wird.
Sie haben in Russland studiert, Sie sprechen die Sprache. Waren Sie darum als Dramaturgin und als Dolmetscherin besonders gefordert?
Ja, fast rund um die Uhr. Die Proben waren am Morgen und Nachmittags, aber ich war immer im Einsatz, falls es Probleme oder Fragen gab. Das war besonders wichtig, als der Bühnenbildmitarbeiter Nikolay Simonov in Zürich ankam. Er kann weder Deutsch noch Englisch, da war ich sehr gefordert.
Der Regisseur Kirill Serebrennikov sitzt seit dem letzten Sommer in Hausarrest. Sie konnten nur mit Videobotschaften kommunizieren. Wie ging das?
Das ging erstaunlich gut. Denn Kirill Serebrennikov hat alles minutiös vorbereitet. Er hat einen Klavierauszug vorbereitet, fast wie ein Regiebuch. Das hat man normalerweise erst nach sechs Wochen Probe und nicht bereits am ersten Tag. Aber es war schon schwierig, dass er nicht persönlich anwesend war.
Diese ungewöhnliche Produktion wurde von den Medien intensiv beobachtet und begleitet. Ging da manchmal die Kunst wegen der Politik etwas vergessen?
Ja, das habe ich auch befürchtet. Aber die Kritiken waren gut und haben sich tatsächlich auf die Kunst bezogen. Wichtig ist mir auch: Wir können sagen, dass wir solidarisch waren und Serebrennikov nicht fallengelassen haben. Ich glaube auch, dass ihn die Arbeit an dieser «Così fan tutte» zu einem gewissen Grad seelisch am Leben hält.
Das Gespräch mit Beate Breidenbach führte Cordelia Fankhauser. Sie finden es in voller Länge als Audiofile in diesem Artikel.