Die Legende besagt: Als Karl der Grosse die Langobarden bezwungen und sich selbst kurzerhand zu deren König gekrönt hatte, zog es ihn zurück in den Norden, nach Hause. Auf dem Weg über die Bündner Berge sei er in einen Schneesturm geraten und habe gelobt, ein Kloster zu gründen – falls er überlebe. Karl hat überlebt, und die Folge seines erfolgreichen Handelns mit dem Schöpfer ist das Kloster Müstair, das im ausgehenden achten Jahrhundert mit viel königlichem Nachdruck aus dem Boden gestampft wurde.
Seelenhotel im Schnee
Origen erzählt die Legende neu und lässt den jungen König straucheln. Im Angesicht des weissen Todes, von Fieberschüben geplagt, begegnen ihm verstorbene Verwandte. Sein Bruder Karlmann wirft ihm Thronraub vor, seine Schwägerin bezichtigt ihn des Mordes im Familienkreis, die verschollenen Neffen beklagen das früh verwirkte Leben, hilfesuchend, verstört, im Schnee verloren. Sie alle sind gefangen in Karls Erinnerung: ein goldener Palast, im Schnee schwimmend, wird zum Seelenhotel für die königlichen Verstossenen. Die prächtige Schneelandschaft der zugefrorenen Seen wird zum Sinnbild eines endlosen Jenseits, in das schon Segantini seine verlorenen Seelen setzte: Der Schnee als Symbol für eine poetische, kaltweiche Ewigkeit.
Musiktheater in Abendlicht
Das neue Musiktheater beginnt im Sonnenuntergang und endet bei Einbruch der Nacht. Das natürliche Eindunkeln wird Teil des Spiels und verstärkt die dramatische Atmosphäre. Der Bühnengrund erstreckt sich über die Seenlandschaft hinweg und bildet ein unvergleichliches, melancholisches Panorama, das für Fernweh und Sehnsucht steht. Der Zuschauer sitzt geschützt unter dem Dach des temporären Bühnenhauses. Vor ihm entfaltet sich ein weites, unvergleichliches Spiel mit der Landschaft, die von Ewigkeit weiss.
Öffentlicher Werkstattbesuch im Lyceum Alpinum Zuoz
Am kommenden Wochenende findet ein öffentlicher Einblick in die Probenarbeit statt. Im Lyceum Alpinum Zuoz, dessen Shakespeare-Company im Freilichttheater beherzt mitwirkt, wird das Bühnenmodell zum temporären Theaterhaus präsentiert. Die ersten Kostümentwürfe für den „König im Schnee“ aus der Hand von Schlaepfer-Chefdesigner Martin Leuthold werden erläutert. Schüler und Tänzer geben Einblick in die Probenarbeit für ein einzigartiges Theaterprojekt, ein Freilichttheater im Schnee.