Die Universität St. Gallen hat eine lange Tradition mit Flüchtlingen: 1956 beim Ungarnaufstand oder 1968 nach dem Einmarsch der Russen in die damalige Tschechoslowakei. Zahlreiche Flüchtlinge aus Osteuropa haben nach ihrer Flucht einen Abschluss an der Universität St. Gallen gemacht. Prominentes Beispiel ist der Ex-Minister der Tschechoslowakei, Ota Šik, der als Flüchtling in die Schweiz kam und an der Universität St. Gallen eine Professur übernahm.
Tradition weiterführen
Diese Tradition würde die Universität gerne weiterführen. Jedoch bis jetzt ohne Erfolg. Im letzten Herbst wurde eine «Taskforce Migration» gegründet, die unter anderem Flüchtlingen den Zugang zur Universität erleichtern soll. Doch bis heute konnte kein einziger Flüchtling gefunden werden, der die Voraussetzung zur Zulassung zu einem Studium auch nur annähernd erfüllt, sagt der Staatsrechtsprofessor und Leiter der Taskforce Christoph Frei.
Vertreter der Universität seien selber in die Asylzentren gegangen und haben für ein Studium geworben. Aber fündig wurden die Akademiker dort nicht. Obwohl anerkannte Flüchtlinge in der Schweiz studieren dürfen und die Universität sich auch um die Finanzierung des Studium gekümmert hätte. Doch die meisten Syrer, Eritreer oder Afghanen, die in den letzten zwei Jahren zur Hauptsache in der Schweiz Asyl beantragt haben, bringen die Voraussetzungen für ein akademisches Studium nicht mit.
VSGP will Flüchtlinge nicht im Regen stehen lassen
Das bestätigt auch der Präsident der Vereinigung der Gemeindepräsidenten des Kantons St. Gallens, Boris Tschirky. Man lasse die Flüchtlinge jedoch nicht im Regen stehen, wenn sie die Voraussetzung für ein Studium oder eine Berufsbildung nicht mitbringen. Die Herausforderung sei es dann, diese Menschen dazu zu befähigen, und zwar mit Weiterbildungen und Sprachkursen.
Und auch der «Taskforce Migration» geht die Arbeit nicht aus: Noch bis Herbst des nächsten Jahres finanziert die Universität St. Gallen eine 50%-Stelle, die die Aktivitäten der Taskforce an die Hand nimmt. Dazu gehören nicht nur die Zulassung von Flüchtlingen zu einem Studium, sondern auch die Koordination von studentischen Initiativen, öffentliche Vorlesungen oder die Förderung von Forschungsprojekten zum Thema Migration.