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20 Jahre «Teletubbies» Alles klar mit Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po?

Die vier bunten Gestalten feiern ihr deutsches Jubiläum. Medienpädagogin Maya Götz zieht eine kritisch-positive Bilanz.

Vor 20 Jahren sind Tinky-Winky,Dipsy, Laa-Laa und Po erstmals in Deutsch über den Bildschirm geflimmert . Die im Auftrag der BBC produzierte Kindersendung spaltete die Geister. Von «völliger Verblödung» war die Rede, aber auch von «wichtiger Kompetenzförderung». Eine derart engagierte Diskussion wie damals über den Medienkonsum von Kindern wäre heute wieder wünschenswert, sagt die Medienwissenschafterin Maya Götz.

Maya Götz

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Maya Götz ist Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk und des Prix Jeunesse International. Die Medienwissenschafterin und Medienpadägogin forscht vor allem im Bereich «Kinder/Jugendliche und Fernsehen».

SRF News: Inwiefern haben die «Teletubbies» eine neue Ära des Kinderfernsehens eingeleitet?

Maya Götz: Es war damals das erste Mal, dass eine Sendung ganz gezielt aus der Perspektive und für die Wahrnehmungsmuster von Zwei- bis Vierjährigen gemacht wurde. Da wurden Tabus gebrochen. Es war eine echte Innovation.

Man kann sich grundsätzlich die Frage stellen, ob Kinder in diesem Alter schon vor den Fernseher gehören.

Die vier Figuren in ihrer surrealen Gartenlandschaft sorgten für eine heftige Kontroverse. Wie beurteilten Sie das damals?

Am Anfang war ich mir nicht ganz sicher, denn für Erwachsene ist die Sendung nahezu unerträglich. Studien zeigten aber, dass sich den Kindern mit der Einfachheit und den starken Farben eine gute Unterscheidbarkeit bietet. Der Umstand, dass die «Teletubbies» nicht so gut sprechen können, war für Kinder, die gerade erst sprechen gelernt haben, ein Erfolgserlebnis. So konnten sie auf einmal besser sprechen als die kleine Po.

Wie beurteilen sie die Bedeutung der Sendung heute?

Die Sendung ist ganz gezielt für diese ganz junge Zielgruppe gemacht. Für diese Gruppe ist es positiv: Es fördert das Selbstbewusstsein und gibt den Kindern das Gefühl, eine Kompetenz zu haben. Viel mehr Inhalt hat es allerdings nicht und man kann sich grundsätzlich die Frage stellen, ob Kinder in diesem Alter schon vor den Fernseher gehören.

Es ist wohl kaum möglich, ein Kind mit 20 bis 30 Minuten Fernsehkonsum dumm zu machen.

Die TV-Macher haben Drei-bis Vierjährige im Visier. Warum wird in Ratgebern vom TV-Konsum von unter Dreijährigen abgeraten?

Das kann man genau so stehen lassen. Je früher ein Kind Medien konsumiert, desto früher muss die Medienerziehung beginnen. Bei den ganz Kleinen ist das sehr schwierig. Bei unserem ersten Kind hat es mit zweieinhalb Jahren angefangen, das zweite ist dann einfach hineingewachsen. Bei mehreren Kindern ist es oft so, dass sie ganz selbstverständlich mit Medien aufwachsen. Da stellt sich die Frage, was man die Kinder gucken lässt und was gut für sie ist.

Gewisse Hirnforscher sagen auch, wer Babies vor den Fernseher setze, mache sie wissentlich dumm. Ist das reine Provokation?

Ein Stück weit ja. Es ist wohl kaum möglich, ein Kind mit 20 bis 30 Minuten Fernsehkonsum dumm zu machen. Kinder eignen sich die Welt an. In einem Punkt hat die Hirnforschung aber recht: Medien sind grundsätzlich nicht der richtige Zugang zur Welt. Kleine Kinder müssen anfassen, riechen, schmecken können; also mit allen Sinnen erfahren. Das kann das Fernsehen nicht leisten. Wenn schon ein kleines TV-Angebot im Alltag, dann soll es die Kinder auch bereichern.

War die Aufregung vor 20 Jahren also übertrieben, angesichts des heutigen Angebot mit Smartphones und Streaming-Diensten?

Es war sicherlich auf Skandal angelegt. Erwachsene konnten sich über etwas aufregen, aber eigentlich gehörten Medien schon damals zum Alltag der Dreijährigen. Ich würde mir zugleich wünschen, dass wieder neu darüber diskutiert wird, was Kindern im Alltag gut tut. Wir reden heute viel zu wenig darüber, wie sich die Kinder die Welt aneignen können und wie wir sie fit für die Zukunft machen.

Das Gespräch führte Jonathan Fisch.

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