«Schon gehört von diesen Videorekordern, die es jetzt gibt?» Grossvater hatte natürlich schon einen.
«Eine Kiste, die man programmieren kann?» Im Büro des Grossvaters stand so etwas, bevor der Begriff «Computer» zum Allgemeingut wurde. Ein Commodore PET 2001.
Und dann: «Teletext ist da!». Noch nie davon gehört – bei Grossvaters neuem Riesenfernseher mit Stereo-Lautsprechersystem aber bereits integriert.
Warten auf die «Austastlücke»
Auf der Fernbedienung konnte ich eine dreistellige Zahl eingeben, zum Beispiel «180». Dann begann eine Achtsamkeitsübung, die alle heutigen Anti-Stress-Programme in den Schatten stellen.
Das Gerät begann sich langsam der gewünschten Seite anzuschleichen, zählte von 100 aufwärts, übersprang mehrere Male die «180», blieb dann nach etlichen Sekunden bei der gesuchten Zahl hängen – auf dem Fernseher erschienen plötzlich Sportresultate.
Es war ein Erlebnis voller Magie, das ich vor vierzig Jahren hatte. Dennoch nutzte ich das «neue Medium» in den folgenden Jahren nur sporadisch, auch, als es dank eingebautem «Pufferspeicher» in moderneren Fernsehgeräten schneller und komfortabler wurde.
Wirklich den Ärmel hereingezogen hat mir Teletext nie. Dies, auch weil ich in meinem ersten Modem Ende der 1980er Jahre zum Glück eine bessere Alternative zur Informationsbeschaffung hatte.
Teletext spielt Spotify
Die technischen Weiterentwicklungen von Teletext (oder auch Videotext) schafften es nicht, meine Meinung über diesen Dienst zu ändern, denn sie waren überschaubar. Neben dem «Pufferspeicher» brachte «Level 2.5» eine freiere Farbdefinition, erweiterte Sonderzeichen und «höhere» Auflösung von «Grafiken».
Der «Höhepunkt» war wohl «r@dio mp3» aus dem Jahr 2000. Eine Münchner Firma betrieb den ersten Streamingdienst der Welt, der über ein Fernsehsignal verbreitet wurde. Man konnte sich kostenlos und legal MP3 -Dateien auf einem Computer mit TV-Karte speichern.
Der Sender schickte die Musikdaten über NBC Europe , der seinen Teletext bereits abgeschaltet hatte und deshalb die freien «Austastlücken» für dieses «Teletext-Spotify» zur Verfügung stellen konnte.
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Teletext heute: Technisch absurd
Das Projekt überlebte nicht lange. Der Schweizer Teletext aber schon, dank sorgfältiger Pflege und einigem Aufwand. Heute kommen die Informationen über einen zusätzlichen Datenstream auf die digitalen Fernsehgeräte oder als im Original 1980er-Look generierte Bild-Dateien im GIF-Format.
Technisch betrachtet ziemlicher Blödsinn, für Nostalgiker ist die Höhlenmalerei des digitalen Zeitalters aber ein Freudenfest.
Rund eine halbe Million Menschen gönnen sich diese Freude jeden Tag. So viele rufen nämlich auch heute noch eine Teletext-Seite auf, selbstverständlich durch Eingabe einer dreistelligen Nummer – dank Teletext-App oft auf ihrem Smartphone.
Die Kombination erinnert an Software, mit der man vom PC aus ein Word-Dokument an ein Faxgerät senden kann. Auch die sind schliesslich nicht zu töten. Ändern wird das, auch beim Teletext, nur die junge Generation, die komplett frei ist von verstaubten Kindheitserinnerungen oder wie ich schon beim Grossvater, schnell genug bekommen von gewissen Technologien.