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Birnel im Vormarsch «Arme-Leute-Zucker» soll wieder hipp werden

Wider das Vergessen: Birnendicksaft soll als Naturprodukt besser vermarktet werden.

Mitte des letzten Jahrhunderts im Kampf gegen den Alkoholismus erfunden, wird Birnel seit über 70 Jahren nach unverändertem Rezept hergestellt. Weil der Absatz des Birnendicksafts in den letzten Jahren stetig gesunken ist, möchte das Hilfswerk Winterhilfe das Image des süssen Naturprodukts vor allem bei jungen Leuten aufpolieren.

«Der Absatz von Birnel ist in den letzten Jahren ständig zurückgegangen, nach 45 Tonnen im Jahr 2017 haben wir letztes Jahr noch 34 Tonnen verkauft», sagt Esther Güdel. Sie ist Kommunikationsverantwortliche des Hilfswerks Winterhilfe, welches mit dem Verkauf des Traditionsprodukts jährlich rund 100’000 Franken erwirtschaftet. Der Erlös fliesst in Hilfsprojekte für über 30’000 Menschen in der Schweiz.

Nur eine Birnel-Mosterei in der Schweiz

Um den Umsatz wieder zu steigern und Birnel auch wieder bei einem jüngeren Publikum bekannt zu machen, will die Winterhilfe das Image «entstauben» und das Produkt besser vermarkten. «Wir sind bereit», sagt Stefan Brunner von der gleichnamigen Mosterei in Steinmaur. Die Wehntaler Mosterei im Zürcher Unterland ist die einzige Birnel-Produzentin in der Schweiz.

«Birnel ist gesund, fast unendlich lang haltbar und die Verarbeitung von Birnen aus Hochstamm-Plantagen hilft Biodiversität und Landschaftsbild zu erhalten», sagt Robert Brunner. Er verarbeitet in seiner Mosterei zusammen mit seinem Bruder Stefan Brunner jedes Jahr 1500 Tonnen Birnen. In einem dreistufigen Prozess entstehen so pro Jahr rund 150 Tonnen Birnel, rund die Hälfte davon in Bio-Qualität.

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Gesunder Brotaufstrich statt Schnaps

Ein Augenschein in der Mosterei Brunner zeigt, dass die im Herbst aus der ganzen Schweiz angelieferten Hochstamm-Birnen nicht sofort zu Birnel verarbeitet, sondern als Saft und haltbares Halbfabrikat zwischengelagert werden. Je nach Bestellungseingang verarbeitet die Mosterei später den Birnensaft in einem dreitägigen Prozess zuerst zu klarem, später zu entsäuertem und eingedicktem Birnensaft. In einem Kilo Birnel stecken die Mineralstoffe von zehn Kilogramm Birnen.

Birnel wird seit über 70 Jahren nach dem gleichen Rezept hergestellt. Die Geschichte des Birnendicksafts beginnt mit dem anfangs des 20. Jahrhunderts verbreiteten Alkoholismus. Bereits 1932 wurde ein neues Alkoholgesetz erlassen, mit welchem die «brennlose Obstverwertung» staatlich unterstützt wurde. So wurden damals plötzlich deutlich mehr Birnen statt zu Schnaps zu Birnel verarbeitet.

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