- Bislang führten in der Schweiz weder Rettungsfahrzeuge noch -helikopter Blutkonserven mit.
- Blut ist extrem empfindlich, Schläge oder Vibration zerstören die roten Blutkörperchen im Handumdrehen.
- Ein kurzer Zwischenstopp macht es jedoch möglich, bereits im Rettungshelikopter lebensrettendes Spenderblut zu erhalten.
Sechs Liter Blut fliessen im Schnitt durch jeden Menschen. Kommt es durch einen Unfall zu einem grösseren Blutverlust, wird es schnell heikel. Dann müssen in kürzester Zeit Blutkonserven zur Verfügung stehen, sonst droht ein Kreislaufversagen.
Nur: Bislang führen in der Schweiz weder Krankenwagen noch Rettungshelikopter Blutkonserven mit. Ärzte behelfen sich bis dato mit Elektrolytlösungen und zum Teil mit sogenannten Plasmaexpandern, um das Blutvolumen aufrecht zu halten, bis Spenderblut verfügbar ist. Echtem Blut ebenbürtig sind diese Ersatzflüssigkeiten aber nicht: Sie enthalten keine roten Blutkörperchen, die die Sauerstoffversorgung des Körpers übernehmen. Dadurch nehmen Zellen im ganzen Organismus Schaden.
Blut rettet Leben
Schwerverletzten hierzulande kommt zu Gute, dass die Schweiz ein kleines Land ist: Meist erreichen die Patienten schnell genug ein Spital, wo die Blutung gestoppt und Ersatzblut verabreicht werden kann.
Sind die Verletzungen aber so schwer, dass der Transport in eines der zwölf Trauma-Zentren erforderlich ist, kann der Weg aus dem Wallis schnell länger werden: Nach Bern, Zürich oder Lausanne kann der Flug je nach Wettersituation 30 bis 60 Minuten dauern. 10 bis 15 Patienten überleben pro Jahr den Blutverlust nicht, zeigt eine Erhebung von Air Zermatt.
Die Verfügbarkeit von Blutkonserven kann über Leben und Tod entscheiden. Studien der US-Army und der London Air Ambulance belegen, dass Schwerstverletzte 75 Prozent seltener in einen lebensgefährlichen Schockzustand geraten, wenn sie schnell Bluttransfusionen erhalten. Die Sterberate innerhalb der ersten 30 Tage nahm um 37 Prozent ab.
Die Zahlen sprechen für sich, das Problem ist aber: Blut ist extrem schwer zu transportieren. Eine «Lagerhaltung» im Rettungswagen oder Heli ist bislang nicht möglich, weil Blut hochempfindlich auf Schläge reagiert.
Schon wenn Blutkonserven nur leicht geschüttelt werden, gehen die roten Blutkörperchen kaputt. In Spitälern werden sie deswegen nur in speziellen vibrationsfreien Kühlschränken aufbewahrt, schon das Brummen normaler Kühlschränke würde die Erythrozyten zerstören.
Auch die Kühlung ist ein heikles Thema: Die Kühlkette muss ununterbrochen gewahrt bleiben, die Temperatur dabei zwischen einem und sechs Grad liegen, sonst ist die Blutkonserve nicht mehr brauchbar. Und selbst wenn die Lagerung ideal ist: Nach einem Monat ist die Haltbarkeit des Spenderbluts abgelaufen.
Im Zwischenstopp zum Spenderblut
Air Zermatt löst diese Probleme deswegen neu mit einer Zwischenlandung – jedenfalls im Wallis. Für Verletzte dort kann dieser Kurzstopp lebensrettend sein, denn der Weg ins nächste Trauma-Zentrum ist verhältnismässig weit.
Als erster Rettungstransport in der Schweiz nimmt Air Zermatt Universalspenderblut der Blutgruppe «Null negativ» an Bord: Der Rettungsheli holt in einer kurzen Zwischenlandung im Spitalzentrum Oberwallis SZO am Standort Visp das von unterwegs angeforderte Universalblut ab. Der Patient erhält die Infusion schon während des Flugs.
Anders bei der Rega. Deren Helikopter sollen – dank dem dichten Netz von Rega-Einsatzbasen – Patienten innerhalb von wenigen Flugminuten in eines der Zentrumspitäler transportieren können. Die Rega argumentiert, der Einsatz von Universalblut im Rettungshelikopter bringe für ihr Einsatzgebiet «keine Verbesserung der Patientenversorgung».
Der Blick in andere Länder zeigt: Die Erfahrungen mit der Methode von Air Zermatt sind gut. Seit zehn Jahren geht das amerikanische Militär bei Kampfeinsätzen so vor – die Überlebenschancen der Verletzten stiegen eklatant. Air Zermatt wird das Verfahren nun in den nächsten zwei Jahren testen und dann entscheiden, ob das Projekt Blutinfusionen im Helikopter weitergeführt wird.