Seit etlichen Jahren bringen Sony und Microsoft in regelmässigen Abständen hochpotente Hardware auf den Markt. Welche Konsole mehr PS unter der Haube hat, ist bei eingefleischten Gamern eine Glaubensfrage.
Daneben geht Nintendo mit seiner Spielkonsole einen eigenen Weg. Die Japaner setzen auf die Beliebtheit ihrer kunterbunten Kultmarken wie Mario und Zelda und haben sich vom Rennen um die beste Grafik verabschiedet.
Das künftige Netflix des Gamings?
Nun aber plant der Internetgigant Google den ganz grossen Coup: Mit «Stadia» sagt er den grossen Playern den Kampf an – und das ohne eigentliche Hardware. Denn bei der Plattform handelt es sich um eine Art Streamingdienst für Games; es braucht also keine Datenträger und die Spiele müssen auch nicht heruntergeladen werden.
«Vereinfacht gesagt handelt es sich um dasselbe Streaming-Prinzip wie bei Netflix oder Spotify», sagt SRF-Digitalredaktor Jürg Tschirren. Mit den Diensten lassen sich Filme und Serien bzw. Musik streamen. Vor allem bei den jüngeren Generationen laufen die Streaming-Dienste den physischen Datenträgern zunehmend den Rang ab.
Stadia soll die aktuellen Flaggschiffe der Konkurrenz – PS4 Pro und Xbox One X – leistungstechnisch alt aussehen lassen. Google verspricht, aktuelle Games in 4K-Auflösung und mit 60 Bildern pro Sekunde auf die Bildschirme zu zaubern. Künftig sollen es auch 8K und 120 Bilder pro Sekunde werden. Ein Benchmark, den derzeit nur sündhaft teure PCs erreichen.
Um dies zu bewerkstelligen, müssen ungleich grössere Datenmengen gestreamt werden als bei Netflix oder Spotify. Und das gerade bei schnellen Multiplayer-Games wie Rennspielen oder Shootern verzögerungsfrei. Ob Google dies gelingt, bleibt für Tschirren abzuwarten.
Die nötige Rechenleistung will der Konzern mit den eigenen Servern liefern. Klar ist aber: «Stadia kommt sicher nicht für alle Leute in Frage.» Denn allein schon um Games verzögerungsfrei zu spielen, musste die Übertragungsgeschwindigkeit in einem früheren Test bei 25 Megabit pro Sekunde liegen. Ganz zu schweigen von ultrahohen Auflösungen.
«In der Schweiz sieht die Sache aber nicht schlecht aus», so der SRF-Digitalredaktor. Denn laut Bundesamt für Statistik hatten in der Schweiz schon 2016 mehr als 37 Prozent der Bevölkerung einen Internetanschluss, der schneller ist als die benötigten 25 Megabit. Heute dürften es noch mehr sein.
Google wirbt nicht nur mit schierer Leistungsstärke. Die Spiele sollen neben TV-Bildschirmen auch auf Smartphones, Tablets und im Browser laufen – und damit unterwegs spielbar sein. Wie bei klassischen Konsolen können die Games mit per Controller bedient werden, oder werden angepasst für andere Eingabegeräte.
Stadia hat das Potenzial, in der Gaming-Industrie einiges auf den Kopf zu stellen.
Die Games sollen zudem fest in Youtube integriert sein, das zu Google gehört. Per Knopfdruck soll man in Spiele einsteigen können, die man als Zuschauer betrachtet. Das alles klingt vielversprechend. Für Tschirren steht und fällt das Konzept damit, wie es in der Praxis funktionieren wird: «Es hat aber das Potenzial, in der Gaming-Industrie einiges auf den Kopf zu stellen.»
Am Ende wird Stadia aber auch an der Spielebibliothek gemessen. Google will eigene Games entwickeln, um mit den Blockbustern der Konkurrenz mithalten zu können. Daneben sollen beliebte Marken wie Assassin’s Creed für die Plattform erscheinen. Näheres zur Unterstützung durch die grossen Entwicklerstudios ist aber noch nicht bekannt.