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CO2-Recycling Klimafreundlich putzen – ein bisschen zumindest

Die Migros bietet seit einigen Wochen Putzmittel an, die recyceltes CO2 enthalten – mit gemischter Klimabilanz.

Mit Alkohol macht das Putzen Spass. Denn als Zusatz zu den Reinigungsmitteln hilft er, fettige und schmierige Flecken einfacher aufzulösen. Diesen Alkohol stellt die US-amerikanische Firma LanzaTech seit gut zwei Jahren aus der CO2-haltigen Abluft eines Stahlproduzenten her.

Spezial-Bakterium im Hasen-Darm

CO2 zu Alkohol umzuwandeln – in diesem Fall Ethanol – ist biochemisch kein einfaches Verfahren. Es braucht dafür ein besonderes Bakterium, das die richtigen Enzyme für diese Umwandlung besitzt. Dieses Bakterium sitzt im Magen-Darm-Trakt von Kaninchen.

Nahaufnahme Flasche Putzmittel mit Recycling-Hinweis
Legende: IN der Migros gibt es neuerdings Putzmittel mit recycliertem Alkohol. Migros

Das Forschungs- und Entwicklungsteam der Firma LanzaTech fand dieses Bakterium, indem es grosse Bibliotheken von Bakterien durchsuchte, verschiedene Stämme ausprobierte und diese schliesslich so weiterzüchtete, dass sie mit der teils ziemlich verdreckten industriellen Abluft zurechtkommen.

Konkret funktioniert das CO2-Recycling dann so, dass die Abluft aus dem Industriebetrieb direkt in grosse Tanks mit Bakterienkulturen eingeleitet wird. Die Bakterien filtern das CO2 aus der Abluft heraus und wandeln es um in Ethanol.

Bio-Treibstoff, Verpackungen, Putzmittel

Das gewonnene Ethanol wird nicht nur in Putzmitteln verwendet. Es kann auch zu konventionellen Treibstoffen beigemischt werden und als Bio-Diesel getankt werden. Oder es werden Kunststoffe daraus produziert. Anstelle von Erdöl dient dann Ethanol aus Ausgangsstoff.

Es gibt mittlerweile eine ganze Palette an Verfahren, wie das Treibhausgas CO2 wiederverwertet werden könnte. Die Crux ist jedoch, dass diese Technologien oftmals selber Energie verbrauchen, wodurch sie selber wieder Treibhausgase ausstossen.

Gemischte Klimabilanz

Die Bakterien, die zum Beispiel das Ethanol für die Migros-Putzmittel herstellen, fühlen sich am wohlsten bei jenen Temperaturen, die sie von ihrem Ursprungsort her kennen: 37 Grad, wie im Magen-Darm-Trakt eines Kaninchens. Für die Herstellung des Ethanols müssen ganze Tanks voll mit Bakterien-Kulturen ständig auf diese Temperatur geheizt werden.

Hinzu kommt, dass die Anlage in China bis jetzt die einzige ist, die kommerziell in Betrieb ist. Das heisst, zur Klimabilanz des Ethanols kommt auch der Transport aus China nach Europa dazu. Die Firma LanzaTech plant nun aber, interessierten Firmen eine solche Bakterienanlage vor Ort zu installieren. Dadurch würden die Transportwege kürzer und die Klimabilanz besser.

Espresso, 04.09.2020, 08.13 Uhr

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