Wie kann man Objekte auf einem Touchscreen mit natürlichen Gesten verändern? Mit dieser Frage befasste sich die Informatikerin Margaret Hamilton in ihrer Präsentation an der Siggraph-Konferenz bereits 1984 - mehr als zwei Jahrzehnte, bevor das erste iPhone auf den Markt kam.
Seit 1974 treffen sich jedes Jahr Computergrafik-Experten und Spezialistinnen für Bedienkonzepte irgendwo auf der Welt. Die neuen Technologien, die sie diskutieren, tauchen dann erst Jahre später in einem Produkt auf: In Software wie Photoshop, in Game-Welten oder als Animationsfilm auf der Kinoleinwand.
Siggraph 2018: Menschen und Textilien
Die Zahl der Präsentationen ist überwältigend: Alleine die Vorstellungsrunde, bei der jedes Team in 30 Sekunden die eigene Arbeit präsentieren durfte, dauerte fast zwei Stunden. Das Spektrum an Forschungsgebieten ist entsprechend breit. Es reicht von virtueller Realität bis Bildbearbeitung, von Berechnung der Kleidergrössen bis zur Robotik.
In der Masse an Forschungsarbeiten fallen zwei Trends auf:
- Gleich mehrere Teams beschäftigten sich mit der verbesserten Darstellung von Textilien am Bildschirm. Eine Gruppe entwickelte dazu ein neues mathematisches Modell, das Tücher, die über spitze Gegenstände oder harte Kanten gezogen werden , realistischer erscheinen lassen. Ein anderes Team berücksichtigt die Reibung des Tuches auf der Unterlage bei der Berechnung. Auch die Darstellung von Wasser auf Textilien war Thema.
- Verschiedene Forscher suchten nach Methoden, wie man virtuelle Menschen realistischer erscheinen lassen kann. Ein Team entwickelte dazu ein virtuelles Skelett mit hunderten Muskeln, ein anderes konzentrierte sich darauf, die Elastizität menschlicher Haut und Gewebe möglichst realistisch zu modellieren.
Mögliche Anwendungen in der Modebranche
Alle diese Forschungsarbeiten finden sicher in der Game- und Kinoproduktion Verwendung. Sie könnten aber auch einen grossen Einfluss auf eine weitere Industrie haben: die Modebranche.
Denn Computer-generierte Menschen, die natürlich wirken und die Kleider tragen, die sich realistisch verhalten, könnten in Zukunft das statische Fotomodell im Katalog ersetzen. So könnten die Konsumenten bequem zu Hause am Bildschirm die Kombination verschiedener Kleidungsstücke durchprobieren, bevor sie bestellen - vielleicht sogar an einer virtuellen Kopie ihres eigenen Körpers.
Schneller als man denkt
Sollte diese Vision tatsächlich Wirklichkeit werden, dann nicht in Jahrzehnten, sondern in wenigen Jahren. Die Entwicklungs-Zyklen sind heute bedeutend schneller als in den 80er Jahren: Ein Informatiker wies in seinem Vortrag darauf hin, dass seine Forschungsarbeit, ein Algorithmus für die Smartphone-Kamera, bereits jetzt im Handy eines grossen Konzern integriert ist und von Millionen Menschen benutzt wird.