«Kaum sind Frauen am Fernsehen, wollen sie auch schon reden.» Mit diesen Worten sorgte einer der ersten Star-Moderatoren des Schweizer Fernsehens 1968 noch für Sympathien. Was früher charmant und witzig war, ist heute irritierend.
Frauen kamen zu Beginn des Fernsehens kaum zu Wort, und wenn, dann nur als dekoratives Element. «Die Erwartungen an mich waren: Gerade reden, herzig aussehen und allen gefallen», so Christine Maier, die als TV-Ansagerin ihre Karriere begann. Sie erarbeitete sich den Platz als Club-Moderatorin und Redaktionsleiterin trotz Widerständen.
Eine aktuelle Studie der Universität Zürich zeigt: Auch heute sind Frauen am Bildschirm noch immer stark unterrepräsentiert. Die weibliche Hälfte der Gesellschaft ist nur zu einem Viertel in den Schweizer Medien vertreten. Einer der Gründe sieht Helen Issler, ehemalige stellvertretende Chefredaktorin des Schweizer Fernsehens, in der häufigeren Kritik, der Frauen ausgesetzt sind.
Ich musste mich immer wieder rechtfertigen, ob ich denn meiner Familie gegenüber kein schlechtes Gewissen habe, wenn ich arbeite.
Die Wende brachte 1991 der Schweizer Frauenstreik. Es war auch Gabriela Amgartens Karrierebeginn als Moderatorin: «Das Thema Gleichberechtigung war omnipräsent. Gleichzeitig waren die Bilder der 50er- und 60er-Jahre immer noch in den Köpfen verankert.» So wurden Glücks-, Lotto- und Wetterfeen weiterhin ausschliesslich weiblich besetzt und die Rolle der Assistentin war in männlicher Besetzung undenkbar.
Gabriela Amgarten wurde 2005 erste weibliche Unterhaltungschefin. Damals sorgten die «Miss Schweiz»-Wahlen, aber auch die «Moneygirls» der Sendung «Deal Or No Deal» für Diskussionen darüber, ob ein solch stereotypes Bild der Frau noch zeitgemäss ist. «Wir versuchten immer wieder Gegensteuer zu geben. Zum Beispiel wurden auch «Mister Schweiz»-Wahlen organisiert und ‹Moneyboys› eingesetzt.»
Rückblickend würden wir es heute sicher anders machen. Aber wir haben inszwischen auch 2022.
Die Gegenwart aber zeigt, dass Frauen ihren Platz am Bildschirm noch immer rechtfertigen müssen. Patrizia Laeri, Wirtschaftsjournalistin und Moderatorin weiss aus eigener Erfahrung: «Es ist heute noch so, dass Frauen auf ihr Äusseres reduziert und ihre Kompetenz herabgewürdigt werden.»
Diesem Zustand will Moderatorin Bigna Silberschmidt entgegenwirken. Sie ist Teil eines neu geschaffenen SRF-Teams, dem «Netzwerk Diversity». Ihr Ziel ist es, die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden und Frauen gleichermassen zu Wort kommen zu lassen. So gibt es beim SRF mittlerweile fast gleich viele Korrespondentinnen wie Korrespondenten. «Es ist viel passiert, das zeigen zahlreiche positive Beispiele. Aber es hat noch Luft nach oben und wir müssen dranbleiben», so Silberschmidt zuversichtlich.