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Ein Jahr nach «No Billag» Der Service public bleibt unter Druck – in ganz Europa

An einer internationalen Tagung in Bern wird klar: Die öffentlich-rechtlichen Medien segeln in ungewissen Gewässern.

Die 71 Prozent Nein-Stimmen zu «No Billag» wurden am 4. März 2018 in ganz Europa registriert. Dass sich die Schweizer Bevölkerung so deutlich für die öffentliche Finanzierung ihrer elektronischen Medien aussprach, sorgte auch im Ausland bei vielen Senderverantwortlichen für Erleichterung.

«Der öffentliche-rechtliche Rundfunk ist noch da, aber er ist herausgefordert – und er muss sich verändern und anpassen», sagte Noel Curran, Chef der Vereinigung der europäischen öffentlichen Medienhäuser (EBU). Der mediale Service public sei in den letzten Jahren in immer mehr europäischen Ländern politisch unter Druck geraten, so die belgische Medienforscherin Karen Donders.

Populisten diskreditieren Service public

Politischen Druck gibt es zum Beispiel in Deutschland, wo die Rechtspartei AfD konstant von «Staatsfunk» spricht, um die unabhängigen öffentlichen öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF zu diskreditieren. Oder in Österreich, wo die Regierung aus ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ direkt auf die Besetzung der wichtigsten Posten beim ORF zugreifen will und eine Finanzierung des Senders über das Staatsbudget anstelle einer Medienabgabe einführen will.

Genau dies ist in Schweden bereits der Fall. Dort wird das öffentliche Radio neuerdings aus dem Staatsbudget finanziert und nicht mehr über eine Medienabgabe. Cilla Benkö, die Generaldirektorin des schwedischen Radios, bedauert dies. Denn es öffne Tür und Tor für politische Einflussnahme. Auch in Dänemark wird das Medienbudget neuerdings über den Staatshaushalt finanziert – und gleich massiv gekürzt: 400 Medienschaffende wurden letztes Jahr auf die Strasse gestellt.

Glaubwürdigkeit als Trumpf

Und auch der wirtschaftliche Druck bleibt hoch. Werbegelder gehen zurück und fliessen zu den grossen Online-Anbietern. Die veränderte Mediennutzung macht es auch für öffentlich-rechtliche Medien schwerer, ein jüngeres Publikum zu erreichen.

Doch gerade diese Entwicklung sei auch eine Chance für die öffentlichen Medien, sagt Forscherin Donders: «Man sieht immer klarer, dass es der Markt allein nicht richten kann.» Ohne öffentliche Medienhäuser würden in der Online-Welt Fake News und die Jagd nach Klicks noch stärker dominieren.

Dies spiele den öffentlichen Medien in die Hände, deren Glaubwürdigkeit immer noch hoch sei: «Das ist der wichtigste Trumpf in ihren Händen», schliesst Donders.

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