Im Felslabor Mont Terri bei St. Ursanne erkunden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Jahren, wie sich Gesteinsschichten verhalten.
Tief im Berginnern, oberhalb des Doubs, in langen Gängen führen sie Experimente mit Opalinuston durch, einer 175 Millionen Jahre alten Gesteinsschicht, die ganz spezielle Eigenschaften hat. Sie ist enorm dicht, weich und kleine Risse darin schliessen sich von selbst wieder, wie Christophe Nussbaum, der Direktor des Felslabors Mont Terri, erklärt.
«Opalinuston ist für die Schweiz ein Wirtgestein für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen. Es muss dicht sein, damit die Radioaktivität nicht entweicht. Deshalb sind die Eigenschaften so wichtig. Wir sprechen von einer Dauer von etwa einer Million der Jahre.» Er könnte der Schlüssel sein zur Lösung des Problems der Entsorgung radioaktiver Abfälle.
Zufallsfund bei Tunnelbau
Entdeckt wurde die Opalinustonschicht Ende der 1980er-Jahre durch Zufall beim Bau des Mont-Terri-Tunnels für die Autobahn A16. Seit 25 Jahren befindet sich neben dem Sicherheitsstollen der Tunnels das Felslabor, in dem die Schweiz zusammen mit nationalen und internationalen Partnern Experimente mit Opalinuston durchführt.
Ein Partner ist die Nagra, die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle. Ihr Verwaltungsratspräsident Lino Guzzella sagt: «Dieses Labor hat eine enorme Bedeutung für uns. Wir können hier die Eigenschaften vom Opalinuston in Zusammenhang mit diesen radioaktiven Substanzen studieren. Wie gut werden sie festgehalten? Wie schlecht werden sie durchgelassen? Das ist für uns fundamental.»
Fundamental deshalb, weil die Erkenntnisse einen direkten Einfluss auf die Suche nach einem Standort für ein Schweizer Endlager für radioaktive Abfälle haben. Drei mögliche Standorte werden momentan noch evaluiert. Ein Entscheid sei in einem Jahr zu erwarten, so Guzzella.
Speicherung von CO2 im Visier
Doch seit einigen Jahren geht es am Mont Terri nicht mehr nur um Atommüll. Immer wichtiger wird auch die Erforschung von Methoden, wie sich CO2 im Boden einlagern und speichern lässt. Das Felslabor sei deshalb auch interessant mit Blick auf die Energiewende, so Bundesrätin Viola Amherd, die das Labor zu seinem 25-Jahr-Jubiläum besuchte.
«Hier wird Forschung betrieben in Bezug auf CO2-Emissionen und wie man sie im Gestein lagern könnte.» Das sei ein wichtiger Schritt zur Erreichung des Netto-Null-Ziels, welches der Bundesrat für 2050 beschlossen hat. «Denn damit wäre das CO2 nicht in der Atmosphäre.»
Konkret wird das CO2 komprimiert und hunderte Meter tief im Boden eingelagert, wo es sich langsam in Gestein verwandelt, wie Stefan Wiemer, Professor für Seismologie an der ETH und Direktor des Schweizerischen Erdbebendienstes SED, erklärt.
Forschung steht erst am Anfang
«Um so eine Lagerstätte zu machen, braucht man ein Deckelgestein. Das muss möglichst dicht sein. Und in der Schweiz ist eine der Formationen der Opalinuston. Hier kann man im Detail studieren und sehen, ob er geeignet ist.» Doch die Forschung und die Technologie dazu stünden erst am Anfang. Man müsse noch viel mehr dazu wissen, sagt Wiemer.
«Die Einlagerung wird ein wichtiger Teil sein, den die Welt braucht, um das CO2-Problem beim Klimawandel anzugehen.» Denn die Schweiz werde auch 2050 noch fünf bis zehn Millionen Tonnen CO2 pro Jahr produzieren. «Und irgendwo muss es hin», so Wiemer.
Das sollte man jetzt sauber abklären, meint er. Das heisst auch: Die Forschung tief im Berg im Felslabor Mont Terri wird weitergehen.