Vögel, Flugzeuge oder ein gezielter Schuss: Autonome Drohnen haben das Nachsehen, wenn sie auf Gegenstände treffen, die sich bewegen. Ein Forscherteam der Universität Zürich entwickelt deshalb Drohnen, die selbständig solchen Objekten ausweichen können. Möglich machen es zwei spezielle Kameras, die völlig anders funktionieren als herkömmliche.
Herkömmliche Kameras sind untauglich
Klassische Kameras nehmen in regelmässigen Abständen das gesamte Bild auf. Diese Bildwiederholungsrate ist im Kinofilm beispielsweise auf 24 Bilder pro Sekunde festgelegt. Doch solche Kameras funktionieren schlecht, wenn eine Drohne einem fliegenden Fussball ausweichen soll.
Erster Grund: Der Zeitabstand zwischen zwei Bildern kann zu lange sein, erklärt Kevin Kleber von der Robotics and Perception Group der Universität Zürich: «Ein Objekt, das sich schnell bewegt, kann die Drohne bereits getroffen haben, bevor ein neues Bild überhaupt vorhanden ist».
In frühen Stummfilmen bewegen sich deswegen Menschen sehr ruckartig, da die damaligen Filme mit einer tiefen Bildwiederholungsrate gedreht wurden. Eine normale Drohnen-Kamera sieht den Fussball deshalb schlicht zu spät – und wird getroffen.
Zweiter Grund: Bisherige Kameras erzeugen viel zu viele Daten. Auf Drohnen sind nur kleine Computer in Kreditkartengrösse installiert. Diese schaffen es schlicht nicht, diese Datenmenge in nützlicher Zeit zu verarbeiten und zu entscheiden, was auf einer Aufnahme zu sehen ist und ob es eine Gefahr darstellt.
Aber: Eine Drohne muss ja gar nicht wissen, was auf dem Bild zu sehen ist, sondern nur, dass etwas auf dem Bild ist und sich bewegt.
Für diese spezielle Aufgabe eignen sich «Event-Kameras».
Kameras, die wie wir sehen
«Event-Kameras funktionieren wie ein biologisches Auge – jedes Pixel der Kamera ist unabhängig voneinander», erklärt Kevin Kleber der Robotics and Perception Group der Universität Zürich. Event-Kameras sind schlecht darin, eine Szene zu interpretieren, aber sehr gut darin, auf Bewegungen zu reagieren. Der Grund: Jedes einzelne Pixel aktiviert sich unabhängig, wenn es eine Veränderung im Bild wahrnimmt. Genau wie bei unserem Auge benötigt die Drohne darum auch zwei dieser Event-Kameras, um Raumtiefe wahrnehmen zu können.
So reagieren Event-Kameras denn auch viel schneller, in Mikrosekunden, statt Millisekunden, da nur die Bewegung relevant ist.
Forschungsneuheit
Drohnen sind zwar schon länger auf dem Markt, doch Event-Kameras nicht: Entwickelt hat sie ebenfalls die Universität Zürich. Erst seit letztem Jahr sind sie genügend klein und leicht, um auf Drohnen zu passen. Für die Massenproduktion taugen sie noch nicht, da sie viel zu teuer sind – die Forschungsdrohne der Universität Zürich kostet rund 14’000 Franken.
Im Test weicht sie wie von Zauberhand einem Schaumstoff-Fussball aus, selbst gezielten Schüssen. Doch es ist klar, dass es sich hier noch um Grundlagenforschung handelt: Der Sichtwinkel der Kameras ist beispielsweise noch sehr begrenzt. Wirft man also den Ball im falschen Winkel, trifft er die Drohne aus einem nicht sichtbaren Bereich. Ein weiterer Flaschenhals ist auch die Batterie: Der Akku hält gerade mal rund zehn Minuten, um die rund 1 Kilogramm schwere Drohne in der Luft zu halten.