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Forschung «Mikroplastik im Blut wundert mich nicht»

Niederländische Forscher haben im menschlichen Blut Mikroplastik nachgewiesen. Ob und allenfalls wie schädlich das ist, müsse aber noch näher untersucht werden, sagt der Zell-Molekularbiologe Peter Wick von der Empa.

Peter Wick

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Peter Wick ist Zell-Molekularbiologe an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa. Wick analysiert mit seinem Team unter anderem, wie Plastik mit biologischer Materie interagiert.

SRF News: Wie gefährlich ist Mikroplastik im Blut?

Peter Wick: Es gibt verschiedene Plastiksorten. Die alten sind länger in der Umwelt und verändern ihre chemische Struktur, doch wir wissen gar nicht, was genau in den Körper gelangt. Sicher ist: Der Körper reagiert auf diese Fremdkörper. Doch ob und wie schlimm diese Reaktion ist, wissen wir noch nicht.

Wir wissen noch nicht, wie der Körper auf das Mikroplastik reagiert.
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Hier etabliert sich ein völlig neues Forschungsfeld, in dem die Methoden neu aufgesetzt und optimiert werden müssen. Es wird noch etwas Zeit brauchen, um in einem so komplexen und interdisziplinären Thema die entsprechenden Antworten in der richtigen Qualität zu liefern.

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Machen Sie sich grosse Sorgen, weil Plastik im Blut von Menschen gefunden wurde?

Noch nicht – dafür ist die Datenlage noch zu dünn. Wir verwenden Plastik schon seit Jahrzehnten, und wenn es etwas wirklich Giftiges wäre, hätten wir schon seit Längerem einen Zusammenhang zum Wohlbefinden festgestellt.

Die EU hat grosse Forschungsprogramme angestossen.
Autor:

Allenfalls ist die Beeinträchtigung durch Mikroplastik etwas Schleichendes, das vielleicht mit anderen Umwelttoxinen zusammen wirkt. Genau solche Hypothesen müssen jetzt erforscht werden. Dazu hat etwa die EU grosse Forschungsprogramme angestossen.

Wie kommt das Plastik in unser Blut?

Wir wissen von einigen synthetischen Nanomaterialien, die – wenn inhaliert – über die Luft-Blut-Barriere in der Lunge ins Blut gelangen können. Auch wenn wir über die Nahrung Nanoplastik zu uns nehmen, kann dieses ins Blut gelangen. Doch Leber, Milz und Nieren versuchen, diese Fremdstoffe auszuscheiden. Das Ganze ist ein stetiger Balanceakt, dessen Mechanismen wir für Mikroplastik noch nicht vollständig kennen.

Überrascht es Sie, dass Mikroplastik im Blut gefunden wurde?

Plastik ist schon länger im Umlauf, deshalb verwundert es mich nicht, dass es den Weg über Luft und Nahrung in unser Blut gefunden hat. Die Frage ist: Wie viel Plastik nehmen wir auf oder tragen wir in uns? Dazu braucht es noch mehr Untersuchungen – auch, um die bisherigen Ergebnisse zu überprüfen.

Wir brauchen wir eine faktenbasierte Diskussion aufgrund von soliden Messwerten.
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Zudem ist unklar, von welcher Dosis wir sprechen. Deshalb brauchen wir eine faktenbasierte Diskussion aufgrund von soliden Werten, die allerdings erst noch gemessen werden müssen.

Kann man dem Plastik überhaupt noch entkommen?

Wohl nicht – wir leben im Plastikzeitalter. Plastik ist ein wunderbarer, vielseitiger Werkstoff, der uns das tägliche Leben extrem erleichtert und für den es keine richtigen Alternativen gibt. Doch wir können lernen, wie wir mit Plastik umgehen und die Kreisläufe schliessen können – damit Plastik über Littering nicht unnötig in die Umwelt gelangt und sich dort ansammelt. Es sollte auch möglich sein, den Kunststoff nicht nur zu rezyklieren, sondern die Plastikabfälle so aufzubereiten, dass wir wieder den ursprünglichen Ausgangsstoff erhalten, aus dem die Polymerketten dann sinnvoll eingesetzt werden können.

Das Gespräch führte Adam Fehr.

SRF 4 News aktuell vom 28.3.2022, 10:20 Uhr ; 

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