Ein Kollege sei über eine Suchmaschine auf das ominöse Foto gestossen, erzählt ein Mann aus Zürich dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Das Bild wurde im Sommer 2009 gemacht. Es zeigt den Mann von der Seite, wie er an einem Bankomaten der Credit Suisse Geld bezieht.
Dürfen die das überhaupt?
Der Bildlegende ist zu entnehmen, dass das Bild in Zusammenhang mit einer Quartalszahlen-Medienkonferenz der CS gemacht wurde. Es ist immer noch im Angebot der amerikanischen, international aktiven Bildagentur Getty Images und steht für zwischen 150 und 500 Franken zum Verkauf. Und: Der Name des Abgebildeten steht ebenfalls in der Bildlegende.
Als er das Foto gesehen habe, sei er aus allen Wolken gefallen, erzählt der Mann. Er sehe dieses Bild zum ersten Mal und habe damals auch nicht mitbekommen, dass es gemacht wurde, also auch kein Einverständnis dazu gegeben. Er fragt sich nun: «Dürfen die das überhaupt?»
Der Fotograf erzählt eine andere Geschichte
«Espresso» geht der Sache auf den Grund. Getty Images und auch die Credit Suisse erklären, sie hätten nichts mit der Entstehung dieses Bild zu tun. Beide verweisen auf das US-Medienunternehmen Bloomberg. Dieses sei verantwortlich. Dort heisst es aber nur: «Kein Kommentar.»
«Espresso» findet schliesslich heraus, welcher Fotograf das Bild damals gemacht hat. Es ist Christophe Bosset, ein gestandener Fotoprofi. Ursprünglich aus der Westschweiz stammend, ist er heute als freier Fotograf von Tokio aus tätig. Und er erzählt eine andere Version der Geschichte: Er könne sich noch gut erinnern, dass er jenen Mann am Bankomaten ausdrücklich um seinen Namen und seine Erlaubnis gebeten habe, das Bild in Zusammenhang mit der Situation der CS zu verwenden. Und dieser habe zugestimmt.
Das Fotomodell bleibt bei seiner Version. Er habe nie Ja dazu gesagt. Er wolle nun bei Bloomberg beantragen, das Bild zu entfernen. Dann sei der Fall für ihn erledigt.
Recht am eigenen Bild respektieren
Auch wenn sich dieser Fall nicht restlos klären lässt, zeigt er doch auf, wie heikel das Fotografieren von Fremden im öffentlichen Raum ist – und zwar für alle, nicht nur für Berufsfotografen. Die Anwältin Rena Zulauf ist Spezialistin in Sachen Medien- und Kommunikationsrecht und sie empfiehlt ausdrücklich, dass man das Recht am eigenen Bild respektiert und das Einverständnis der Portraitierten einholt. Diese Regel gelte auch, wenn man eine prominente Persönlichkeit im privaten Rahmen ablichten wolle. Etwa Roger Federer oder Alain Berset beim Joggen oder in einem Restaurant. Das sei vielen Leuten nicht bewusst, sagt die Bildrechts-Expertin.
Besser eine schriftliche Abmachung
Grundsätzlich reiche es, wenn man das Einverständnis mündlich einhole, besser sei aber eine schriftliche Abmachung, so Rena Zulauf. Manche Profifotografen hätten dafür bereits ein Formular zur Hand, ein sogenanntes «Model Release». Man könne aber auch die E-Mail-Adressen austauschen «und dort das Einverständnis und auch den Rahmen, in dem ein Bild verwendet werden darf, nochmals schriftlich festhalten.»