Die Selbstdiagnose im Internet hat ihre Tücken – und kann für Patienten sogar gesundheitsgefährdend sein. Mediziner des Universitätsspitals Basel haben die 100 am häufigsten angesehenen Youtube-Videos zum Thema Ekzeme analysiert und sind zu einem alarmierenden Ergebnis gekommen:
- 2/3 der untersuchten Videos waren von minderwertiger oder sehr minderwertiger wissenschaftlicher Qualität.
- 50 Prozent der Videos waren «irreführend».
- Bei 1/3 der Videos handelte es sich um «potentiell schädigendes» Material.
Gemäss der Studie wurden Ekzem-Patienten demnach zu unnötigen Diäten ermutigt oder ihnen wurden Behandlungen ohne detaillierte Informationen über Anwendungsdauer und Risiken vorgeschlagen. Zum Teil wurden auch «Wunderkuren» versprochen.
Die Ergebnisse weisen laut den Studienautoren auch darauf hin, dass Zuschauer Videos mit hochwertigem Inhalt nicht von solchen mit fragwürdigem Inhalt unterscheiden können.
Die Anzahl Klicks bei Videos sei definitiv kein Indikator für die medizinische Qualität, warnt auch Thomas Rosemann. Er ist Professor für Hausarztmedizin an der Universität Zürich und erlebt immer wieder, dass Patienten nicht gut zwischen seriösen und unseriösen Informationen unterscheiden können. «Gerade bei Youtube haben wir ein öffentlich zugängliches Medium, wo jeder irgendetwas hochladen kann und den Wahrheitsgehalt kann der Zuseher eigentlich sehr schwer nur überprüfen».
Mehr Schaden als Nutzen
Heute informieren sich Patienten bei Krankheitssymptomen oft direkt im Internet. Wenn ein Patient danach gut informiert zum Arzt gehe, könne das durchaus sinnvoll sein, so Rosemann.
Wahrheitsgehalt kann der Zuseher eigentlich sehr schwer nur überprüfen.
Gleichzeitig führe die Internetrecherche oft zu unnötiger Verunsicherung – zum Beispiel bei simplen Kopfschmerzen. Im Internet fänden sich Beiträge, die Kopfschmerzen mit einem Hirntumor in Verbindung brächten.
Weiter heisse es dann in Internetbeiträgen, «dass man das doch mit Bildgebung – sprich mit einem Kernspin – abklären muss. Und wenn sie dann natürlich verunsichert sind und zum Hausarzt gehen und dieses Kernspin einfordern, dann ist es in den allermeisten Fällen einfach grober Unfug und erzeugt unnötige Kosten», bemängelt Rosemann.
Verbesserung ist nötig
Um die Situation für Patienten zu verbessern und die Vorteile der Internetrecherche nutzbar zu machen, schlagen die Autoren der Studie vor, dass professionelle dermatologische Organisationen ihre Präsenz und Sichtbarkeit auf Youtube deutlich erhöhen.
Tatsächlich waren Videos solcher Organisationen in der Studie in der Unterzahl: Nur 21 Prozent der untersuchten Videos stammten von Institutionen aus dem Gesundheitswesen, sogar nur 8 Prozent von Universitäten.