Diese Stühle und diese Tischchen: Schon der Wiedererkennungswert des Mobiliars spricht für die Verankerung der französischen Bistrot-Kultur im kollektiven Weltgedächtnis.
Allerdings könnte es den Bistrots passieren, dass sie bald nur noch Erinnerung sind, weil die Anbieter hausmannsköstlicher Gerichte vom Aussterben bedroht sind. 30 Prozent aller Restaurants in Paris waren vor 20 Jahren noch Bistrots. Jetzt sind es noch 14 Prozent.
Einer, der das nicht hinnehmen möchte, ist Jean-Gabriel de Bueil. Als 28-Jähriger hat er angefangen, sich für geschichtsträchtige Bistrots in Paris zu interessieren, und beschlossen, sie zu retten.
Authentizität im Vordergrund
Chez Georges war über drei Generationen familiär geführt. Nach dem Tod des Chefs drohte der Identitätsverlust durch den Verkauf an Investoren. De Bueil hat das Restaurant 2014 erstanden, um – nichts zu ändern.
Der Gastronom erklärt sein Rezept: «Wir machen hier eine sehr traditionelle französische Küche, nichts Überkandideltes, und wir suchen nicht nach Kreativität, sondern es geht um ganz einfache alte Handgriffe, um Geschmack, um Authentizität.»
Es ist eine regelrechte Zeitreise in die Vergangenheit: alles ist hausgemacht. Die Menükarte ist noch von Hand geschrieben, sie hat sich seit Bestehen kaum geändert. Das Personal arbeitet schon seit Jahrzehnten hier, Stammgäste werden wie alte Freunde begrüsst.
Einer der Stammgäste ist Xavier Aubercy. Und er kommt ins Schwärmen, wenn er vom Chez Georges spricht: «Mein Grossvater kam schon hier her und hat meinen Vater mitgenommen und als ich geboren wurde, kamen wir auch hier her. Jeden Samstag hatten wir hier unseren Stammtisch.»
De Bueil hat insgesamt fünf Restaurants gekauft und leitet sie im alten Geist, mit all ihren Macken und Fehlern. Da wird nichts wegrenoviert, schliesslich geht es um französische Geschichte. Im Bistrot de Paris, seinem ersten Restaurant, waren beispielsweise Serge Gainsbourg und André Gide Stammgäste.
Die Zeit bleibt stehen
Dem Gastronomen ist es wichtig, sich seiner Herkunft bewusst zu sein: «Ich glaube, dass man nicht in die Zukunft gehen kann, wenn man seine Wurzeln, seine eigene Identität nicht kennt. Und diese Restaurants gehören dazu.»
Die Unesco soll entscheiden, ob französische Bistrots ins Weltkulturerbe aufgenommen werden. Komme was wolle: in Jean-Gabriel de Bueils Restaurants bleibt die Zeit stehen, und das ist gut so.
Tagesschau, 8.2.2020, 19:30 Uhr