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Mission Lachyoga – Therapieoption für Depressive?
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Lachen als Therapie Höchst ansteckend und gut für die Gesundheit

Karin Jann schwört auf Lachyoga bei der Behandlung von Menschen mit Depression. Viele Kliniken sind jedoch skeptisch.

Lachen tut gut. Doch: Es ist uns nicht jeden Tag darum, in schallendes Gelächter auszubrechen.

Das weiss Karin Jann nur zu gut. Als Pflegefachfrau betreut sie Patienten auf der Abteilung für Depression in der psychiatrischen Klinik am Zugersee.

Viele Jahre lang versuchte sie diese aufzuheitern. Hat mit den Patienten Schach gespielt oder ging mit ihnen joggen. Meist erreichte sie damit jedoch nur eine kurzzeitige Ablenkung von den erdrückenden Gedanken.

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Karin Jann: «Ich habe immer nach Lösungen gesucht, wie ich die Patienten vom Negativen wegholen kann.»
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Dann, vor fünf Jahren, nahm die Pflegefachfrau an einem Humorkongress teil und entdeckte eine neue Therapieform – das Lachyoga.

Eine Therapieform, die klassische Atemübungen und Bewegungen aus dem Yoga und animiertes Lachen verbindet und zum Ziel hat, Patientinnen und Patienten zum Lachen zu bringen.

Denn lachen tut nicht nur gut, sondern fördert auch die Gesundheit und das Wohlbefinden. So hat Lachyoga laut Karin Jann folgende Auswirkungen:

  • Nach etwa 15 Minuten Lachyoga hebt sich die Stimmung, weil Endorphine ausgeschüttet werden.
  • Das Stresshormon Cortisol wird reduziert und der Körper entspannt sich.
  • Durch die Atem- und Bewegungsübungen werden eine richtige Atmung und körperliche Bewegungen animiert. Wobei vor allem die Bewegung Patienten mit Depression sehr gut tut.
  • Gezielte Lachübungen verbinden kleine Probleme oder peinliche, unangenehme Situationen mit dem Akt des Lachens. Wenn diese Übungen dann wiederholt werden, entschärft das die unangenehmen Situationen. Somit finden die Betroffenen einen besseren Umgang damit in ihrem Alltag und fühlen sich dadurch wohler.

Was beim Lachen jedoch ganz genau im Körper passiert, verstehen Forschende noch nicht. Und deshalb auch die positiven Effekte auf die Gesundheit nicht.

Eine Studie von US-amerikanischen Forscherinnen aus dem Jahr 2003 zeigte jedoch, dass der Gehalt des Stresshormons Cortisol im Blut von Probanden nach dem Anschauen eines lustigen Films abnahm. Die Kontrollgruppe, welche einen Tourismus-Beitrag gezeigt bekam, zeigte diese Veränderung nicht. Die Forscherinnen folgern darum: Lachen kann Stresshormone im Körper reduzieren.

Was das für eine gesundheitsfördernde Eigenschaft des Lachens heisst, ist nicht eindeutig klar. Denn auch die Auswirkung von Stresshormonen auf die Gesundheit ist ein komplexes Forschungsgebiet.

Über eines sind sich die Forschenden jedoch weitgehend einig: Stress ist Gift für die Gesundheit und sollte darum vermieden oder vermindert werden.

Erst künstlich, dann echt herzhaft

Will man das Lachen also nutzen, um Stress zu reduzieren und damit die Gesundheit zu verbessern, muss man erst einmal etwas zum Lachen haben. Darum gilt im Lachyoga: «Fake it 'til you make it», was auf Deutsch so viel bedeutet wie «Täusche es vor, bis du es schaffst». Wobei «es» das Lachen ist.

In Karin Janns Therapiestunden sieht dies beispielsweise so aus: Alle Teilnehmenden gehen im Zimmer umher und tun so, als hätten sie ein irrsinnig unterhaltsames und freudiges Telefongespräch. Dabei beobachten sie gleichzeitig die anderen Kursteilnehmenden bei ihren imaginären Telefongesprächen.

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Mit alltagsnahen Szenen will Karin Jann es für die Teilnehmenden einfacher machen, lachen zu können.
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Was erst einmal ein wenig befremdlich wirkt, führt rasch zur Heiterkeit und geht dann in echtes Lachen über.

Nicht für alle geeignet

Josef Jenewein ist Chefarzt und Bereichsleiter Medizin der Klinik Triaplus am Zugersee und wurde von Karin Jann davon überzeugt, Lachyoga auf freiwilliger Basis anzubieten.

Auch er findet, dass Lachyoga als ergänzende Therapie gut ins Angebot der Klinik passt. Denn die Idee, damit psychischen Stress abzubauen, passt ausgezeichnet in eine psychiatrische Anstalt.

Damit Lachyoga jedoch zum Erfolg führt und bei psychisch instabilen Patienten nicht etwa einen Rückfall auslöst, müssen die Patienten sorgfältig ausgesucht werden. Es sei deshalb wichtig, dass bei der Auswahl der Teilnehmer für die Lachyoga-Therapie drei Faktoren berücksichtigt werden: Die Diagnose, die Persönlichkeit und auch die persönlichen Vorlieben der Patienten.

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Josef Jenewein erklärt wieso Lachyoga gut in das Behandlungsangebot einer psychiatrischen Anstalt passt und für wen die Therapie in Frage kommt.
Aus Puls vom 30.04.2019.
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Zurückhaltung aus Scham

Schweizweit stehen Josef Jenewein und Karin Jann mit ihrer Überzeugung noch ziemlich allein da. So ist die Klinik am Zugersee eine der ganz wenigen, die Lachyoga als ergänzende Therapie anbietet. Andere Kliniken sind skeptisch.

Karin Jann führt diese Skepsis auf Hemmungen zurück. So stellt sie im Gespräch mit Ärztinnen, Pflegern oder auch Patientinnen und Patienten fest, dass die Scheu gross ist, grundlos loszulachen. «Es ist einfach eine Hemmschwelle vorhanden», erklärt Karin Jann. Dabei sei es so einfach, ganz sanft einzusteigen und den Menschen so die Scheu zu nehmen.

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«Man muss ja keine bescheuerten Übungen machen, sondern kann ganz sanft sein.»
Aus Puls vom 29.04.2019.
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Und die positiven Rückmeldungen der Lachyogis zeigen, dass es möglich ist. So berichten sie alle von einem befreienden Gefühl. Und davon, dass ihnen die Lachyogastunden die nötige Energie oder Glückshormone gibt, um es durch den anstrengenden Alltag zu schaffen – bis zur nächsten Lektion.

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Stimmen von Teilnehmenden aus der Lachyoga-Therapie bei Karin Jann.
Aus Puls vom 30.04.2019.
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Bestärkt durch ihren Erfolg hat sich Karin Jann darum folgender Mission verschrieben: Lachyoga soll in allen Psychiatrien als anerkannte ergänzende Therapieform anerkannt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sie vor einem Jahr den «Lachyoga-Club» gegründet. Er soll helfen, über Lachyoga zu informieren und aufzuklären. Skeptiker sollen so ihre Scham ablegen, sich anstecken lassen und so den positiven Effekt des Lachens auch für sich nutzen können.

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