«Wie konnte ich nur? Wie konnte mir das passieren?» Diese verzweifelte Frage stellen sich quasi alle Opfer von Liebesschwindlern. Und diese Frage kennt auch Präventionsspezialistin und Psychologin Sandra Sauter von der Kantonspolizei Zürich. «Das perfide ist, dass die Opfer reinrutschen, ohne dass sie etwas merken.»
Die Täter suchen die unterschiedlichsten Wege, um sich im Leben der Betroffenen unentbehrlich zu machen. Sie sind die ersten, die «guten Morgen» wünschen, stehen bei Problemen stets mit Rat und Tat zur Seite und sind immer für einen da.
Opfer sind häufig Menschen, die schon länger keinen so loyalen, verständnisvollen Menschen mehr an ihrer Seite hatten. «Und seien wir ehrlich: Wer wünscht sich das nicht?», sagt Sandra Sauter von der Kapo Zürich.
Die Dunkelziffer ist enorm
Liebesbetrug trifft längst nicht nur Frauen in der zweiten Lebenshälfte. Es trifft jeden. Junge, ältere, Frauen, Männer. Und es werden vermutlich immer mehr. Opferzahlen gibt es offiziell keine. Denn die Dunkelziffer ist enorm. Wer auf einen Liebesbetrüger hereinfällt, scheut sich meist davor, davon zu erzählen. Und das ist fatal. Denn noch immer wissen zu wenig Leute von dieser perfiden Masche, warnt Sandra Sauter von der Zürcher Kantonspolizei.
Das Problem ist: Je länger so ein Betrug dauert, desto schwieriger ist es für die Betroffenen, alleine wieder loszukommen. Vor allem, wenn man dem Betrüger schon Geld gezahlt hat. «Sich selber und anderen einzugestehen, dass alles nur Schall und Rauch war, ist ein riesiger Schritt», so Sauter.
«Es ist wie eine Sucht»
Es gibt deshalb Geschichten, die dauern nicht nur Wochen oder Monate, sondern Jahre. Die Opfer werden bis aufs letzte Hemd ausgenommen. Und wenn gar nichts mehr zu holen ist, wird ihr Konto noch missbraucht, um das Geld von anderen Opfern zu parkieren und zu waschen. Und dann wird es richtig hässlich: Dann machen sich Betroffene sogar strafbar.
In vielen Fällen seien solche Geschichten wie eine Sucht. Deshalb seien die Angehörigen extrem wichtig: «Wir raten Angehörigen, das Thema direkt anzusprechen. Und zwar nicht in Sinn von: Das ist doch ein Betrüger. Sondern mehr: Ich mache mir Sorgen um dich. Können wir das nicht mal zusammen anschauen? Ich möchte gerne wissen, was das für eine Person ist.»
Erhärtet sich der Verdacht der Angehörigen, dass etwas nicht stimmt, und stossen sie bei den Betroffenen trotzdem auf taube Ohren, rät Sandra Sauter: Unbedingt zur Polizei gehen und den Fall individuell anschauen.