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Multimedia Vorsicht vor Liebesgeflüster per Internet

Der Internet-Liebesbetrüger Taylor Martinez hat sich beim Versuch, Geld zu ergaunern, die Zähne ausgebissen. Doch zahlreiche Opferberichte zeigen: Viele Frauen fallen auf die Masche herein, verlieren viel Geld – und ihr Herz. «Kassensturz» sagt, wie Sie solchen Gaunern das Handwerk legen können.

Gewiss, der Liebesbetrüger Taylor Martinez aus derm vierteiligen «Kassensturz»-Artikel «Romance Scam» war nicht der geschickteste Gauner. Seine teilweise dilettantischen Fehler haben immer wieder für Erheiterung gesorgt. Dennoch zeigt dieser Erfahrungsbericht, wie skrupellos so genannte Romance- oder Love-Scammer (Romantik- oder Liebesbetrüger) vorgehen und mit welcher Hartnäckigkeit sie ihre Opfer systematisch bearbeiten.

Und die vielen Opferberichte auf diversen Internetforen zeigen: Diese Betrugsmasche hat Erfolg. Immer wieder bezahlen Frauen viel Geld und landen schliesslich im finanziellen und seelischen Ruin. Genaue Zahlen existieren nicht. Zudem ist die Dunkelziffer vermutlich sehr hoch, weil viele betrogene Frauen – und übrigens auch Männer – sich schämen und den Weg zur Polizei fürchten.

Es passiert schneller als man denkt

«Unverständlich! So etwas könnte mir nie passieren!» So reagieren vermutlich viele Leute auf diese Geschichten. Doch Chantal Billaud von der Schweizerischen Kriminalprävention weiss, dass auch informierte Menschen mit gesundem Misstrauen in solche Fallen tappen: «Scammer operieren oft sehr raffiniert und ziehen ihre Opfer mit Liebesbezeugungen, falschen Absicherungen und auch Liebesentzug in eine emotionale Abhängigkeit.»

Je länger der Kontakt dauert, desto schwieriger wird es, argwöhnisch zu bleiben, denn die Lügengeschichten der Betrüger werden immer intensiver, dramatischer. «Und wenn es dann zu Geldforderungen kommt und teils auch Drohungen ausgesprochen werden, sind die Opfer zu sehr verstrickt und haben Gefühle investiert. Eigenes Hinterfragen wird dann immer unwahrscheinlicher», erklärt Billaud.

Täter sind sehr schwer auszumachen

Wenn das Geld einmal überwiesen ist, ist es zu spät. Überhaupt gestaltet sich die polizeiliche Verfolgung dieser Scammer sehr schwierig. Das zeigt auch die «Kassensturz»-Geschichte. Die Autorin hatte einige Informationen über den Betrüger Taylor Martinez gesammelt: Eine E-Mail-Adresse mit IP, die nach Asien führt, 2 Handy-Nummern, sein Facebook-Profil mit Passwort und zwei Namen von Personen, die das Geld in Malaysia abholen sollten. Doch das reicht nicht.

Wie alle Scammer ist auch der angebliche Taylor Martinez darauf bedacht, dass alle Spuren im Sand verlaufen. Die IP-Adresse kann ausserhalb der EU kaum ermittelt werden. Das Facebook-Profil ist reiner Schwindel, die Handys sind vermutlich mit Prepaid-Karten ausgestattet, die nicht registriert sind.

Und die Geldempfänger arbeiten oft mit gefälschten Ausweisen oder sind Strohmänner. Kurz: Viele Informationen, die aber kaum zu einer Person führen, auch wenn die Schweizer Polizei Rechtshilfe beantragen würde und die betroffenen Länder kooperierten.

Betrugsversuche sofort melden!

Dennoch findet es Chantal Billaud sehr wichtig, dass Betroffene einen solchen Betrug – oder auch nur schon den Ansatz – melden: «Die Polizei ist darauf angewiesen, von Betrugsversuchen zu erfahren!» Die Kriminologin rät ausserdem dringend, den Anbieter der jeweiligen Internet-Plattform zu informieren.

Stella Zeco von der bekannten Single-Börse Parship kann das nur bestätigen: «Wir versuchen zwar mit speziellen Computer-Programmen, welches in den Profilen nach gewissen Schlüsselwörtern sucht, Betrüger zu entlarven. Doch wir erwischen nicht immer alle, auch weil diese sich immer wieder neue Finten einfallen lassen, um nicht aufgespürt zu werden.Wir sind daher auch darauf angewiesen, dass uns Romance-Scammer gemeldet werden.»

Romance Scam

Romance-Scammer gaukeln ihren Opfern in unzähligen E-Mails und stundenlangen Chats die grosse Liebe vor. Doch bald tauchen erste Gewitterwolken auf. Vorzugsweise geben Sie sich als Engländer oder Amerikaner aus, die einem seriösen Beruf nachgehen. Oft müssen sie irgendwann geschäftlich ins Ausland und dort passiert es dann. Sie sitzen fest und brauchen dringend Geld.

Viele Frauen verlieren ihr Herz und anschliessend ihr Vermögen. Opfer erzählen, dass sie unsterblich verliebt waren. Blind vertrauten sie ihrem Traumprinzen und ignorierten dabei, dass er Videochats strikte ablehnte und am Telefon einen afrikanischen Akzent an den Tag legte.

Hinter dieser Masche steckt offenbar die berüchtigte Nigeria-Connection. Eine afrikanische Gauner-Organisation, die im grossen Stil Liebesgeflüster aus Callcentern in die Welt hinaus schickt und Leute um ihr Vermögen bringt.

Scam oder nicht?

Auch wenn es noch so schön klingt: Seien Sie kritisch, wenn ein Unbekannter sehr schnell von der grossen Liebe schreibt und wenn der Verehrer eine makellose und allzu positive Selbstbeschreibung abgibt.

  • Investieren Sie keine Gefühle, wenn sie nicht 100 Prozent sicher sind, dass sie der neuen Bekanntschaft trauen können.
  • Vor allem auf Single-Plattformen sollten Sie skeptisch werden, wenn Sie jemand in Englisch anschreibt.
  • Bleiben Sie immer kritisch. Stellen Sie immer wieder Testfragen und überlegen Sie sich, ob die Antworten Ihres Chatpartners stimmen können.
  • Bitten Sie Ihren Schreib-Partner um einen Video-Chat. Wenn er Ihnen Ausreden auftischt, können Sie annehmen, dass er Ihnen falsche Fotos zugestellt hat.
  • Wenn Sie das Gefühl haben, mit einem Betrüger zu kommunizieren: Brechen Sie den Kontakt sofort ab. Melden Sie den Betrugsversuch der Polizei und dem Anbieter der jeweiligen Internet-Plattform.
  • Senden Sie niemals einem Unbekannten Geld!
  • Bleiben Sie standhaft! Lassen Sie sich auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen einreden oder Mitleid aufkommen. Mag seine Geschichte noch so rührselig oder dramatisch sein.
  • Informieren Sie Freunde und Bekannte über Romance-Scamming, sodass auch sie gewarnt sind.Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Merkblatt in der Box «Mehr zum Thema» und auf der Internetseite der Schweizerischen Kriminalprävention.

Kontakte knüpfen mit Verstand

Viele Internet-Plattformen warnen zwar vor Betrügern, doch oft sind diese Warnungen nicht sehr prominent auf der Seite platziert. Und wer liest schon im Detail solche Hinweise? Deshalb ist wichtig, dass Internet-User einige Tipps beachten. Nur so – durch Information und überlegtes Handeln – rentiert das falsche Spiel mit Gefühlen eines Tages nicht mehr. Und das eine oder andere schwarze Schaf wird gefasst oder muss sich zumindest eine neue –hoffentlich anständige – Beschäftigung suchen. Bei «Kassensturz»-Honey Taylor Martinez wird das wohl noch eine Weile dauern. Denn am Tag, an dem die Redaktorin diesen Artikel schreibt – Tag 54 der verlogenen Liebesgeschichte – hat sich der Scammer tatsächlich wieder gemeldet – mit einem neuen dreisten Versuch. Die Geschäfte mit seinen anderen Honeys scheinen nicht gerade gut zu laufen. Das ist doch schon einmal ein gutes Zeichen.

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