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Marktmacht ausgenutzt? Homegate-Inserat kostet plötzlich viel mehr

Das Homegate-Inserat einer «Espresso»-Hörerin war plötzlich um ein Vielfaches teurer. Grund ist eine neue Preisstruktur.

Wegen der Corona-Krise hatte eine «Espresso»-Hörerin Probleme, ihre möblierte 2,5-Zimmer-Wohnung in der Stadt Zürich zu vermieten. Über einen längeren Zeitraum schaltete sie darum ein Inserat auf der Immobilienplattform Homegate.

Im Sommer 2021 konnte sie die Dachwohnung immerhin für zwei Monate vermieten. «Ich erkundigte mich bei Homegate, ob ich das Inserat für diese Zeit pausieren könne», erinnert sich die Hörerin. Das sei kein Problem, habe es dort geheissen, sie könne es danach einfach wieder aufschalten.

Das genau gleiche Inserat kostete plötzlich drei Mal mehr. Ohne einen erkennbaren Mehrwert für mich.
Autor: «Espresso»-Hörerin

Als sie das Inserat wieder aufschalten wollte, traf sie fast der Schlag: «Das genau gleiche Inserat kostete plötzlich drei Mal mehr. Ohne einen erkennbaren Mehrwert für mich.» Die Hörerin findet, dass Homegate bei der Preiserhöhung seine Marktmacht missbrauche.

Homegate ist Platzhirsch

Tatsächlich ist Homegate – das zur TX Group, ehemals Tamedia gehört – laut eigenen Angaben der grösste Immobilienmarktplatz in der Schweiz. Jeden Monat klickten neun Millionen Besucherinnen und Besucher auf die Homepage und aktuell seien 110’000 Inserate online, sagt das Unternehmen. Zudem gab die TX Group im September bekannt, dass sie ihre Inserateportale mit denen von Ringier zusammenschliessen werde. Ringier besitzt zusammen mit der Mobiliar-Versicherung fünf Plattformen der Scout24-Gruppe. Dazu gehört auch Immoscout24.ch.

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Homegate: «Ein Einzelfall»

Auf Anfrage des Konsumentenmagazins «Espresso» bestätigt Homegate, dass man das Preismodell zuletzt im März 2021 geändert habe. Während früher eine Grundgebühr verrechnet worden sei, gebe es nun Wochenpreise ohne Grundgebühr. 

Homegate betont aber, dass es sich beim Fall der Hörerin um einen Einzelfall handle: «Das Inserat für die möblierte Wohnung in Zürich hatte eine aussergewöhnlich lange Laufzeit von über zwei Jahren. Mit der Deaktivierung im Juni und der erneuten Publikation im August 2021 wurde das Inserat vom alten auf das neue Preismodell umgestellt.» Und weiter: «Wäre das Inserat im alten Preismodell erneut publiziert worden, wäre dabei auch die Grundgebühr erneut verrechnet worden.» Mit anderen Worten: Die Wiederaufschaltung wäre die Hörerin auch dann teuer zu stehen gekommen.

Wer nur kurz inseriert, zahlt weniger

Aktuell gibt es bei Homegate für den Kanton Zürich drei verschiedene Abos: «Classic» für rund 80 Franken pro Woche, «Top» für 110 Franken pro Woche und «Premium» für 160 Franken pro Woche.

Laut Homegate sind mit diesem Modell die Preise für Inserate mit kurzer Laufzeit von einer Woche sogar günstiger als früher. Zudem könne ein Inserat wöchentlich gestoppt werden. Für Inserenten, deren Inserat längere Zeit läuft, werde es allerdings teurer. Wobei im Kanton Zürich aktuell zwei Drittel aller Inserate nur gerade drei Wochen online seien. Damit werde ein durchschnittliches Inserat nur gerade vier Prozent teurer. Homegate schreibt weiter, man könne nachvollziehen, dass die Umstellung des Preismodells in diesem Fall für die Kundin ärgerlich sei: «Eine allgemeine Verdreifachung der Preise hat jedoch nicht stattgefunden.» 

Bezüglich der Kritik zum fehlenden Mehrwert schreibt Homegate, dass ein Inserat aktuell viel mehr Interessierte erreiche als noch vor ein paar Jahren. Deshalb erhielten Kundinnen und Kunden auch mehr Anfragen, weshalb sich die Laufzeiten der Inserate beträchtlich verkürzt hätten.

Preisüberwacher hat sich eingeschaltet

Tatsache ist allerdings, dass auch der Preisüberwacher ein Auge auf die Preispolitik der grossen Immobilienportale Homegate und Immoscout 24 geworfen hat. Auch bei ihm habe sich nämlich schon ein verärgerter Kunde beschwert.

Espresso, 01.11.21, 08:13 Uhr

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