Seit einem Jahr kommen die Chip-Hersteller nicht nach mit liefern. Von der Autoindustrie bis zu den Computerherstellern sind ganz unterschiedliche Branchen von den Lieferengpässen betroffen.
Darum gibt es nicht genügend Chips
Eine wichtige Rolle spielt das Home-Office. Seit einem Jahr arbeiten viele Menschen auf der ganzen Welt zu Hause und sehen sich gezwungen, aufzurüsten: Ein neuer Monitor muss her, vielleicht ein Drucker, ein schnelleres Modem oder eine grössere Festplatte.
Auf die neue Situation mussten auch Cloud-Anbieter reagieren, wie etwa Zoom, Anbieter von Videokonferenzen. Konnten sich über deren Server vor der Pandemie erst 10 Millionen Menschen gleichzeitig per Video-Konferenz austauschen, so sind es jetzt 300 Millionen. Um diesen Ansturm zu bewältigen, musste Zoom die Infrastruktur massiv ausbauen.
Weil in den Geräten der Cloud-Anbieter oft die gleichen Chips stecken wie in den Geräten ihrer Kunden, nimmt die Nachfrage so stark zu, dass es zu Lieferengpässen kommt. Davon betroffen sind nicht nur Computer und Zubehör, sondern auch Haushaltgeräte oder Autos.
Dazu kommen auch noch längerfristige Trends: Der weltweite Ausbau der Mobilnetze zum neuen 5G-Standard etwa oder die Tatsache, dass immer mehr neue Geräte mit dem Internet verbunden werden. Die Nachfrage nach Chips steigt deshalb so stark, dass es zu Engpässen kommt – zum Teil mit drastischen Folgen.
Krise ist nicht gleich Krise
So mussten die US-Autokonzerne Ford und General Motros vorübergehend Fabriken stilllegen, weil dringend benötigte Chips nicht erhältlich waren und auch VW musste Kurzarbeit anmelden.
Ford hat sich – wie andere Autohersteller auch – das Problem selbst eingebrockt. Zu Beginn der Pandemie korrigierten die Unternehmen wie bei früheren Wirtschaftskrisen ihre Erwartungen nach unten und bestellten weniger Chips – eine Fehlentscheidung, wie man heute weiss. Weil viele Amerikaner den öffentlichen Verkehr meiden wollten, sank die Nachfrage nach Fahrzeugen weniger stark als in der Vergangenheit. VW etwa verkaufte im letzten Quartal sogar mehr Autos als im Vorjahr.
Auch in der Schweiz müsse man mit Lieferverzögerungen rechnen, bestätigt der Verband Auto Schweiz. Welche Marken und Modelle betroffen sind, lasse sich nicht sagen, weil sich das täglich ändere.
Lieferschwierigkeiten dauern an
Die grossen Schweizer Online- Händler bestätigen die gesteigerte Nachfrage nach Geräten für das Home-Office und Lieferengpässe. Laut Sebastian Kestel vom Online-Händler Brack sind neben Monitoren und Festplatten auch Audio-Gadgets und Haushaltgeräte betroffen.
Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Die Technologie hinter der Chip-Produktion ist äusserst anspruchsvoll und die Kosten für eine neue Fabrik betragen bis zu 18 Milliarden Dollar. Nur ein paar wenige Konzerne können die Chips der neusten Generation fertigen – Intel etwa, Samsung oder der taiwanesische Gigant TSMC.
Raus aus der Abhängigkeit
Politik und Industrie haben die Zeichen der Zeit erkannt: Samsung und TSMC wollen in den nächsten Jahren je 100 Milliarden Dollar in neue Fabriken investieren.
Um die Abhängigkeit von asiatischen Herstellern zu verringern, will die US-Regierung die heimische Chip-Industrie mit 50 Milliarden Dollar unterstützen, die EU plant sogar eine Investition von 150 Milliarden Dollar.