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Nach Eisbär-Drama Abenteurerin Evelyne Binsack macht Schluss mit Expeditionen

Ein «trauriger Zwischenfall» mit einem Eisbären auf dem gefrorenen Nordpolar-Meer hat Evelyne Binsack dazu bewogen, ihre sportlich motivierten Expeditionen ab sofort einzustellen. Sie wird sich in Zukunft nur noch zu Dokumentationszwecken auf Reisen begeben.

Es passiert am Morgen des 11. April. Ihre Expeditions-Gruppe steht kurz vor dem Ziel: dem Nordpol. Eine Mitstreiterin, die Japanerin Marin, etwas unerfahren, isst Salamistücke aus einem Plastikbeutel, den sie danach halbvoll auf ihren Schlitten legt.

Es gab keine Anzeichen aggressiven Verhaltens
Autor: Evelyne Binsack über den Eisbären

«Ein Eisbär hatte den Duft von Marins Salami in die Nase bekommen. Der Eisbär ist aus dem Nichts aufgetaucht und ist zu ihrem Schlitten gesteuert und geniesst jetzt die Salami, die Marin auf ihren Schlitten gelegt hat», schreibt Binsack. Marin schreit, der Expeditionsführer gibt einem Gruppenmitglied den Befehl zu schiessen. Auf einen Warnschuss folgt ein gezielter Schuss auf den Bären, der daraufhin die Flucht ergreift. Evelyne Binsack filmt alles mit.

Sie ist fassungslos. «Der Eisbär kam relativ nahe, ja, aber es gab noch keine Anzeichen eines aggressiven Verhaltens. Er war nur neugierig.» Sie wisse durch ihre Reisevorbereitung, dass der Teamleader gegen alle Regeln verstossen habe, die dem Schutz des Eisbären dienen. «Mindestens drei bis vier Warnschüsse hätten abgefeuert werden müssen (...).»

Evelyne Binsack schaltet die Polizei ein

«Ich bin wie gelähmt», «Ich bin bestürzt», «Mir ist schlecht» – Evelyne Binsack lässt der Vorfall nicht los. Dass sie am Tag danach den Nordpol erreicht, kann ihre Trauer nicht lindern. «Ich fühle mich für den Bären verantwortlich.» Als sie das Videomaterial sichtet, folgt der zweite Schock: Der Bär kann aufgrund seiner Position unmöglich, wie vom Teamführer behauptet, in die Pfote geschossen worden sein.

Ich fühle mich für den Bären verantwortlich
Autor: Evelyne Binsack Abenteurerin

Evelyne Binsack schickt das Material zur Auswertung der Polizei sowie einem Mediziner und Wissenschaftler. Am 19. April erreicht sie folgende Nachricht: «Leider wurde der Eisbär seitlich am Kopf getroffen. Er kann sich bewegen, aber wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr jagen und richtig essen können – mit ziemlicher Sicherheit steht ihm ein langsamer Hungertod bevor. (...) Wir stimmen Ihnen alle zu, dass es keinerlei Anzeichen für ein aggressives Verhalten des Bären gab.»

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