- Der Ärger nach der Verleihung des «Echo»-Musikpreises setzt auch die Plattenfirma Bertelsmann Music Group (BMG) des umstrittenen Rap-Albums unter Druck.
- Jetzt handelt die Bertelsmann-Tochter und zieht Konsequenzen.
- Die Zusammenarbeit mit den Rappern Farid Bang und Kollegah wird vorläufig auf Eis gelegt, verlautet von BMG.
«Wir hatten den Vertrag über ein Album. Jetzt lassen wir die Aktivitäten ruhen, um die Haltung beider Parteien zu besprechen», sagte BMG-Chef Hartwig Masuch der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».
Bereits zuvor hatte die Plattenfirma angekündigt, eine Kampagne gegen Antisemitismus starten zu wollen. Dazu will das Unternehmen ein Projekt mit 100'000 Euro unterstützen. «Gemeinsam mit sachverständigen Organisationen sollen Projekte zur Bekämpfung der besorgniserregenden Entwicklung an Schulen ausgesucht werden», heisst es in einer Medienmitteilung. Der Schwerpunkt soll in Berlin liegen.
Die BMG hatte in Kooperation mit den Musik-Labels der beiden Rapper, Banger Musik und Alpha Music Empire, das umstrittene Album «Jung, Brutal, Gutaussehend 3» veröffentlicht. Die Musiker waren vergangene Woche für das Werk mit dem Musikpreis «Echo» ausgezeichnet worden. Textzeilen wie «Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen» hatten heftige Kritik und eine Debatte um Antisemitismus ausgelöst.
BMG hatte sich in einer Stellungnahme am Mittwoch noch hinter Farid Bang und Kollegah gestellt. «Wir nehmen Künstler und künstlerische Freiheit ernst, und wir sagen unseren Künstlern nicht, was ihre Texte enthalten sollten und was nicht.» Und weiter: «Zweifellos haben einige Songtexte auf JBG3 viele Menschen zutiefst verletzt. Andererseits waren viele Menschen ganz klar nicht so sehr verletzt, insofern, dass es zu einem der meistverkauften Alben des vergangenen Jahres in Deutschland wurde.»
Heubner: «Pure Heuchelei»
Christoph Heubner vom Internationalen Auschwitz-Komitee warf den Verantwortlichen der Plattenfirma in einer Mitteilung «Zynismus» vor. Dieser beschreibe «genau das Dilemma unserer Gesellschaft, in der ein rohes Wegrutschen junger Menschen aufgrund einer sinn- und wertentleerten Unternehmenspolitik und einer ausschliesslich am Gewinnstreben orientierten Publikationsstrategie immer möglicher erscheint.» Dies alles mit dem Anspruch zu verknüpfen, die künstlerische Freiheit zu verteidigen, sei «pure Heuchelei».
Die israelische Pianistin und fünffache «Echo»-Preisträgerin Yaara Tal will ihre Trophäen - im Gegensatz zu anderen Musikern - nicht zurückgeben. Sie finde dies wohlfeil und heuchlerisch, sagte sie der «Süddeutschen Zeitung» . «Damit wird nichts besser, es trifft nicht die gesellschaftliche Problematik, mit der wir alle umgehen müssen.»