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Näher zur Natur Die Anfänge des Schweizer Campings

Hansjürg Steffen sammelt Campinggegenstände aus dem letzten Jahrhundert. Wer ihn besucht, macht eine Reise zurück in die Zeit, als sich Camping in der Schweiz bei der breiten Masse durchsetzte.

Was Camping angeht, ist Hansjürg Steffen aus Niederbipp gerne ein bisschen «von gestern». Zu Hause in seinem umgebauten Bauernhaus in Niederbipp hütet er seine Sammlung aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts wie einen Schatz. Tausende von Kunststofftellern und Bechern, Stühle, Tische, Sonnenschirme, Gaskocher – alles ist feinsäuberlich sortiert.

Ein Regal übervoll mit Camping-Tellern.
Legende: SRF

Angefangen hat alles mit einem Oldtimer-Wohnwagen, den sich die Familie kaufte. «Dazu brauchte ich natürlich das passende Zubehör aus der Zeit, aus der der Wohnwagen stammt», sagt der 59-Jährige mit einem Schmunzeln, «damit war ich mit dem Sammelvirus infiziert.»

Steffen sammelt nicht nur, er verkauft die Objekte auch an andere Liebhaber weiter. In seinem Garten stehen mehrere Zelte aus dem vergangenen Jahrhundert, alles Schweizer Fabrikate. In wenigen Minuten hat der Sammler eines davon aufgebaut.

Alles fing mit Zelten an

In den 1920er- und 30er-Jahren entdeckten immer mehr Schweizerinnen und Schweizer ihre Liebe zum Schlafen in der freien Natur. Zuvor waren Zelte vor allem beim Militär und im Alpinismus im Einsatz. Zelten war einfach und verhältnismässig billig. Wer konnte, verbrachte das Wochenende irgendwo bei einem Bauern auf der Wiese.

Ein Mann sitzt vor einem Retro-Zelt.
Legende: Zu Beginn war das Zelt, erst dann wurde das Camping motorisiert. SRF

In den 40er-Jahren entstanden in der Schweiz die ersten Zeltplätze. Die Campingausrüstung wurde immer raffinierter. Im Jahr 1950 wurden auf Schweizer Strassen Wohnanhänger zugelassen. Zuerst waren es vor allem Touristen aus Holland und Deutschland, die einen Wohnwagen hatten. Danach kauften sich auch immer mehr Schweizer ein Häuschen auf vier Rädern.

Allerdings, räumt Hansjürg Steffen ein, sei das nur für Familien mit Geld in Frage gekommen: «Zuerst musste man sich überhaupt mal ein Auto leisten können und das war in dieser Zeit alles andere als selbstverständlich.»

Schweizer Oldtimer-Wohnwagen

In Hansjürg Steffens Hauseinfahrt steht sein grösster Stolz: Ein Oldtimer-Wohnwagen, der Anfang der 60er-Jahre in der Schweiz hergestellt wurde, bei der Firma Plüss Wagenbau in Oftringen. Der sogenannte «Plüwa» ist ein kompaktes Gefährt mit vier Schlafplätzen und immer noch voll funktionstüchtig.

Der kleine Wohnwagen „Plüwa“.
Legende: Der «Plüwa» – Hansjürg Steffens ganzer Stolz. SRF

«In dieser Zeit wurden in der Schweiz noch serienmässig Wohnwagen hergestellt», erzählt Hansjürg Steffen. «Bevor die grossen Marken aus dem Ausland den Schweizer Markt überschwemmten.» Heute werden in der Schweiz keine Wohnwagen mehr gebaut. Umso mehr trägt der passionierte Sammler seinem «Plüwa» Sorge und geht regelmässig damit auf Reisen.

Einmal sei auf einem Campingplatz ein kleines Mädchen zu ihm gekommen, erzählt er. Es habe lange seinen Wohnwagen angeschaut und dann gesagt: «Oh, ist der aber klein!» Hansjürg Steffen nahm es als Kompliment. Seine alten Campinggegenstände weckten Emotionen, sagt er und Erinnerungen an die Zeit, als sich das Phänomen Camping in der Schweiz bei der breiten Masse durchsetzte.

Schweiz aktuell vom 29.07.2019

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