Blau-weiss-roter Dunst von den Rauchfackeln, Konfetti-Regen und Sieges-Schreie: Paris feiert frenetisch Frankreichs Titel als Fussballweltmeister. Minuten nach dem Abpfiff der Partie gegen Kroatien strömen tausende Fussballfans auf die Champs-Élysées und verwandeln sie in eine einzige Feiermeile voller Frankreich-Fahnen.
Fans klettern vor Freude auf die Dächer von Kiosken und die Häuschen von Bushaltestellen. Sie brüllen ihre Freude heraus. Überall ist der Sprechchor «On est les champions» («Wir sind die Champions») und «On a gagné» (Wir haben gewonnen) zu hören.
Autos fahren hier schon länger nicht mehr. Die Polizei hat den Bereich um den Boulevard bereits während des Spiels vorsorglich grossräumig für Autos gesperrt.
Auch auf dem grossen Public-Viewing-Gelände am Eiffelturm, auf dem Champ de Mars, gab es bei den rund 100’000 Zuschauern nach dem Schlusspfiff kein Halten mehr.
Jubelfeiern – und Ausschreitungen
Doch neben den Jubelfeiern über den Sieg der französischen Nationalelf hat es bei der Feier auf der Champs-Elysées auch Zwischenfälle gegeben. Jugendliche hätten die Scheiben eines Geschäfts zerstört – das meldete die Polizei. Man habe den Boulevard mit Tränengas geräumt.
Die Polizisten seien mit Gegenständen beworfen worden, hiess es weiter. Auch in anderen französischen Städten habe es Ausschreitungen gegeben.
Glücksmoment im Herzen von Paris
Auf dem Champ de Mars in Paris hätten die Tausenden Fussballfans einen unglaublichen Glücksmoment erlebt, sagt SRF-Frankreich-Korrespondentin Alexandra Gubser: «Die rund 100'000 Fans haben auch wirklich gelitten. Die Fans wurden erst ab 13 Uhr auf das Gelände gelassen. Rund die Hälfe von ihnen standen stundenlang in der prallen Sonne.» Mit den Toren der französischen Mannschaft stieg aber rasch auch wieder die Stimmung.
«Es ist auch ein Glücksmoment, der generationenübergreifend ist. Man sieht hier Alte und Junge sich in die Arme fallen», schildert Gubser die Stimmung in Paris.
Der WM-Titel passe auch zur Aufbruchstimmung, die Emmanuel Macron nach seiner Wahl zum Präsidenten ausgelöst hat. Die Wirtschaft zieht wieder an, die Arbeitslosigkeit sinkt leicht. «Es ist ein Optimismus vorhanden, auch wenn der Präsident in den Umfragewerten jetzt wieder etwas absackt.»
Dieser WM-Sieg gebe wieder Schub für die ganze Gesellschaft, sagt Gubser: «Es ist ein Moment der Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die das Land sehr nötig hat nach Jahren des Terrors.»
Gratulationen aus der Politik
Präsident Emmanuel Macron jubelte ausgelassen im Luschniki-Stadion in Moskau und gratulierte den Spielern persönlich. Gegenüber dem Sender RMC sagte er am Abend: «Ich freue mich sehr für Frankreich. Ich bin sehr stolz auf die Spieler und auf das kroatische Team, das ein sehr gutes Spiel gemacht hat.»
Auch Premierminister Édouard Philippe reagierte euphorisch auf den Titelsieg: «Welches Spiel! Welche Weltmeisterschaft! Welche Mannschaft!», teilte er auf Twitter mit.
Die Oppositionspolitikerin Marine Le Pen zeigte sich ebenfalls via Twitter «sehr stolz», dass sich die französische Nationalmannschaft gegen die «schöne und mutige kroatische Équipe» durchsetzte.
Auch der konservative Senatspräsident Gérard Larcher gratulierte der Nationalmannschaft. «Frankreich ist Weltmeister. Das ist so schön für Frankreich und die Franzosen.» Man werde sich lange an den 15. Juli erinnern.
Keine Trauer in Zagreb
Trotz der guten Leistung der Kroaten hat es gegen Frankreich um den WM-Titel nicht gereicht. Trotzdem sehe es in der Hauptstadt Zagreb nicht nach Trauer aus. «Hier wird gefeiert und die Trauer ist nirgends zu sehen», stellt SRF-Korrespondentin Monika Schoenenberger fest. Klar sei man im ersten Moments – vor allem beim 3:1 – enttäuscht gewesen. Aber man sei jetzt Vize-Weltmeister und das wird gefeiert.
«Die Hoffnung war riesig, dass nun der ganz grosse Coup gelingt», sagt Schoenenberger. Ein Zuschauer habe es auf den Punkt gebracht: Man habe so viel geschafft, die Kroaten würden nun die ganze Nacht durchfeiern.
«Kroatien ist mega-stolz und der Sport ist hier identitätsstiftend.» Die wirtschaftlichen Probleme, welche das Land habe, seien für diesen Moment vergessen, so Schoenenberger. Auch über die Tatsache, dass viele aus Kroatien auswandern, weil sie im Land keine Perspektive sehen, wolle man hier nicht sprechen.