Das Wichtigste in Kürze
- Ein Team unter Leitung der Genetiker George Church und Luhan Yang an der Harvard-Universität hat Ferkel ohne potenziell gefährliche endogene Retroviren gezüchtet.
- Laut einem Bericht in der US-Fachzeitschrift «Science» ist damit eine grosse Hürde auf dem Weg zu Organspenden von Tieren überwunden worden.
- Die Resultate seien «extrem beindruckend», sagte Nicola Müller, Leiter des Transplantationszentrums des Universitätsspitals Zürich.
SRF News: Schweine-Organe in Menschen transplantieren – davon träumen Forscher schon lang. Was ist neu an den jüngsten Resultaten?
Nicola Müller: Eine der Ängste, die man bei der Transplantation von Schweine-Organen hatte, war die Übertragung von Erregern. Zwar konnte man mit speziellen Züchtungsmethoden schon bald viele Erreger aus dem Schwein eliminieren und gesunde Tiere hervorbringen. Hier ging es nun aber um Erreger, die im genetischen Material des Schweins vorhanden sind und von den Eltern auf die Nachkommen übertragen werden. Mit Züchtung sind diese nicht zu eliminieren. Nun konnten mit einer neuen Methode Schweine gezüchtet werden, bei denen das genetische Material so manipuliert wurde, dass diese Erreger nicht mehr auf die Nachkommen übertragen werden.
Man verändert also die DNA so, dass die für Menschen potenziell gefährlichen Erreger herausgefiltert werden?
Das ist richtig. Die Kunst bestand dabei darin, an 62 verschiedenen Orten in diesem Genom Veränderungen vorzunehmen. Früher war die Herausforderung schon riesig, nur schon an einem Ort das Genom zu ändern. Diese Resultate sind extrem beeindruckend, auch was die Möglichkeiten der Methode betrifft. Es war immer umstritten, ob diese genetischen Elemente im Schweine-Genom eine Gefahr darstellen. Letztlich konnte man es nie hundertprozentig ausschliessen. Mit der Studie, die auch gezeigt hat, dass diese Schweine lebensfähig sind und sich fortpflanzen können, ist sicher ein wichtiger Schritt getan.
Wird das Transplantationszentrum in Zürich schon bald Schweine-Organe in Menschen einsetzen?
Es ist noch Zukunftsmusik, trotz des jetzigen Erfolgs. Denn es gibt noch andere Hürden wie etwa die ganze Abstossungsproblematik, auch wenn man sie jetzt besser unter Kontrolle hat. Noch nicht gelöst ist auch die Vereinbarkeit gewisser Systeme wie etwa das Gerinnungssystem. Es werden also noch einige Jahre vergehen, bis solche Organe routinemässig eingesetzt werden. Rascher könnte es allenfalls jetzt bei der Transplantation von so genannten Inselzellen gehen – Zellen, die Insulin produzieren. In diesem Bereich, der für Menschen mit Diabetes eine interessante Option ist, gibt es etwas weniger Probleme bei der Abstossung.
Das Gespräch führte Melanie Pfändler.