Es war das höchste Hochhaus in Europa, das je gesprengt worden ist: Am Sonntagmorgen sank der 116 Meter hohe Universitäts-Turm in Frankfurt mit der zerstörerischen Energie von 950 Kilogramm Sprengstoff innerhalb weniger Sekunden in sich zusammen. Das Gebäude bestand aus schätzungsweise 50‘000 Tonnen Stahlbeton.
Sprengmeister Eduard Reisch gab wie geplant wenige Minuten nach der kontrollierten Sprengung Entwarnung. Es habe alles wie am Schnürchen geklappt, verlautete von der Polizei. Lediglich in einem nahe gelegenen Hotel seien drei Scheiben beschädigt worden.
Auf die Frage, weshalb bei der Sprengung sogar die Bäume vor dem einstürzenden 116 Meter hohen Gebäude völlig unbeschadet stehen geblieben sind, meinte Sprengmeister Reisch:
Es grenzt fast schon an Zauberei. Aber im Endeffekt ist es Mathematik und Berechnung.
Für den problemlosen Einsturz sorgte die richtige Verteilung der 1400 Bohrlöcher für die Sprengladungen. Reisch zündete die Ladungen kurz nach 10.00 Uhr mit einem elektronischen Funksignal. Zuerst wurden die Pfeiler des Aussengerüsts des Gebäudes gesprengt und etwa 3,5 Sekunden später der Kern des Hochhauses. Dabei fiel der obere 65 Meter lange Teil leicht nach Süden, der untere Richtung Norden. Es stieg sofort eine orange-gräuliche Staubwolke auf, die sich innerhalb weniger Minuten verzog.
Eigens errichtete Erdwälle, gleichzeitig gesprengte Wasserkanister sowie eine Wasserwand der Feuerwehr milderten die Folgen der Sprengung auf die umstehenden Häuser und Strassen.
Mehr als 25‘000 Schaulustige verfolgten nach Angaben der Polizei die spektakuläre Sprengung mitten in der Stadt Frankfurt zwischen Messe und Naturkundemuseum Senckenberg. Um das Gebäude waren zwei Sperrzonen in einem Radius von bis zu 250 Metern eingerichtet worden. Rund 500 Helfer standen im Einsatz, davon allein 400 vom Technischen Hilfswerk. Mehrere Fernsehsender übertrugen das Ereignis direkt.
Platz für neuen Kulturcampus
Auf dem frei gewordenen Areal sollen zwei neue Büro-Hochhäuser gebaut werden, mit einer Höhe von 100 und 140 Metern. Das Gelände gehört zu dem sogenannten Kulturcampus, einer Mischung aus Büros, Wohnungen, Gewerbe und Kultur, die bis 2019/2020 auf dem alten Uni-Campus entstehen soll.
In dem 1972 erbauten Hochhaus, dem sogenannten AfE-Turm, hatten Generation von Geisteswissenschaftlern studiert. Im vergangenen Jahr waren Studierende und Dozenten auf den neuen Uni-Campus im Frankfurter Westend umgezogen. Der Turm hatte zunächst abgetragen werden sollen. Nach heftigen Protesten von Nachbarn wegen der Lautstärke der erwarteten Bauarbeiten hatte die städtische ABG Wohnungsbau Holding die Sprengung beschlossen. Sie war zunächst verworfene worden.