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Panorama 24 Hour Party People: Londons U-Bahn macht durch

Die britische Metropole hat die erste Nacht mit durchgehendem U-Bahnverkehr hinter sich. Von den «Night Tubes» sollen nicht nur Nachtschwärmer profitieren – der Wirtschaftsmotor des Vereinigten Königreichs will 24/7 geölt werden.

«Wir sind die Theaterhauptstadt der Welt, haben fantastische Konzerte und einige der weltbesten Restaurants und Hotels», verkündete Londons neuer Bürgermeister Sadiq Khan jüngst im «Guardian». Die Selbstbeweihräucherung war kein Selbstzweck. Denn das blühende Kulturleben in der Metropole zieht gerade an Wochenenden zahlreiche Nachtschwärmer ins Stadtzentrum; und diese wollen irgendwann auch wieder nach Hause.

Bislang war das ein beschwerliches Unterfangen. Zwar gibt es Nachtbusse, die sind aber häufig verspätet und brauchen deutlich länger als die Metro. Letztere fährt allerdings von 1 Uhr bis 5.30 Uhr nicht.

Damit ist seit dieser Nacht Schluss, zumindest auf zwei Linien: Am Wochenende fahren U-Bahnen künftig auf der Central- und der Victoria-Linie auch in den Nachtstunden, ein Zug alle 10 Minuten. Drei weitere Strecken sollen im Herbst dazu kommen.

Eine Ausweitung des U-Bahnverkehrs in die Nacht war bereits im September 2014 angekündigt worden. Stockende Verhandlungen über die Bezahlung und Arbeitsbedingungen des U-Bahn-Personals hatten die Einführung jedoch wiederholt verzögert.

Bürgermeister Sadiq Khan rechnet mit zusätzlichen Umsätzen von geschätzten 500 Millionen Franken, die in Clubs, Bars und Theatern generiert werden. Auf die Jungfernfahrten im Londoner Untergrund begaben sich, wie zu erwarten war, zahlreiche Festfreudige und Touristen.

Die andere Stadt, die niemals schläft

Doch nicht nur sie sollen profitieren, sagt Martin Alioth, SRF-Korrespondent für Grossbritannien und Irland. Die «Night Tubes» sollen helfen, den Motor des grössten Wirtschaftsraums der Insel zu ölen: «London ist ein Moloch, der Arbeitskräfte rund um die Uhr braucht. Leute, die Büros reinigen oder frühmorgens Imbissbuden betreiben. Sie alle müssen von sehr weit draussen ins Zentrum kommen.»

Der Grossraum London bezahlt die Rechnungen für das ganze Vereinigte Königreich.
Autor: Martin Alioth SRF-Korrespondent für Grossbritannien und Irland

Die Stadt, die 24 Stunden am Tage ticke, brauche eine entsprechende Infrastruktur – und damit freie Fahrt für den Dienstleistungssektor. Doch wer nicht über das nötige Kleingeld verfügt, kann sich Wohnraum im geschäftlichen Zentrum der 9-Millionen-Metropole kaum leisten: «Die Pendlerdistanz ist mittlerweile unmenschlich geworden. Die Leute brauchen erschwingliche Möglichkeiten, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen.» Das betreffe nicht etwa nur Tellerwäscher, sondern genauso Krankenschwestern und Polizisten.

Sorgen, die Sicherheit in den «Night Tubes» könnte nicht gewährleistet sein, sind laut dem Betreiber des U-Bahn-Netzes unbegründet. Es werde sichergestellt, dass in der Nacht mindestens so viele Polizeikräfte wie am Tag den U-Bahnverkehr überwachen.

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