1980 haben Jugendliche in Zürich gegen einen Opernhaus-Kredit und für ein autonomes Jugendzentrum demonstriert. In der Folge kam es zu monatelangen Strassenschlachten mit der Staatsgewalt. Die Polizei schickte Spitzel in die Szene. Einer davon war Willy Schaffner. Sein Buch wurde nun veröffentlicht.
Der damals 30-jährige Urner arbeitete gerade einmal einen Monat bei der Stadpolizei Zürich, als er im Zuge der entfachten Jugendkrawalle den Auftrag erhielt: «Gang emal go luege». Von da an führte Schaffner unter dem flaschen Namen Schaller während 5 Jahren ein Doppelleben und schaffte es bis in den innersten Zirkel der Bewegung.
Fünf Jahre Doppelleben
Schaffner schrieb das Erlebte und Gehörte nieder, verriet der Polizei geplante Demonstrationen und gab Namen preis. Skrupel hatte er damals keine. Denn: Er habe gesehen, dass da Gewalt vorkam, Sachschäden und Personenverletzungen, erklärt Schaffner heute.
Doch lustig war das Spitzelleben überhaupt nicht, wie Schaffner betont. Ein Privatleben war nicht möglich. Echte Freundschaften waren riskant, zu gross wäre die Gefahr gewesen, dass er sich verplappert. Fünf Jahre hielt er durch – viel zu lange, wie er heute sagt.
Ein Jahr nach seinem Ausstieg wurde er von der WochenZeitung WoZ enttarnt. Es folgte eine Hexenjagd. Man warf ihm vor, er habe bei der Sprengstoffbeschaffung geholfen und aktiv einen Anschlag angeregt. «Der Preis war sehr hoch. Ich würde das heute ganz klar nicht mehr tun», sagt Schaffner heute.
Schaffner: «Ich möchte endlich loslassen können»
Bis zu seiner Pensionierung 2014 setzte sich Willy Schaffner gegen Repression und für Dialog in der Polizei-Arbeit ein. Dafür zollen ihm heute auch Gegner Respekt. Das nun erschienene Buch «Das Doppelleben des Polizisten Willy S. – Erinnerungen an die Zeit, als Zürich brannte» ist ein Stück Zürcher Zeitgeschichte.
Ganz verdaut hat Willy Schaffner sein lange zurückliegendes Doppelleben aber bis heute nicht. «Wenn ich mir etwas wünschen dürfte – dann dies: Dass dieses Buch nicht zu viel böses Blut bei meinen ehemaligen Kollegen schafft. So, dass ich jetzt wirklich loslassen und eine Grenze ziehen kann. Eine, hinter der ich meinen Unruhestand (...) geniessen und das, was war, loslassen kann. Endlich», schreibt er im Nachwort.
Ein schönes Detail: Die Buchvernissage findet am 4. November im Zürcher Opernhaus statt – da, wo alles begann.