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Panorama Das letzte Dorf ohne Strassenbeleuchtung

In Surrein im Bündner Oberland bleibt es nachts dunkel – stockdunkel. Das Dörfchen hat sich bisher standhaft gegen eine Strassenbeleuchtung gewehrt. Eine Abstimmung könnte das aber schon bald verändern. Die Frage polarisiert das Dorf.

Surrein in der Surselva sei das letzte Dorf der Schweiz ohne Strassenbeleuchtung. So sagen es sich zumindest dessen Einwohner. Am 15. März entscheidet die Gemeinde mit 250 Einwohnern darüber, ob es in Zukunft Licht auf der Strasse im Dorf geben soll. Es ist bereits die dritte Abstimmung zum Thema.

Die Ausgangslage zeigt sich wie folgt: Seit letztem Herbst stehen sieben provisorische Laternen im Dorf. Die Einwohner von Surrein stimmen nun darüber ab, ob sie permanent stehen bleiben sollen. Es ist kaum zu glauben: Die Meinungen sind gemacht, und sie sind äusserst geteilt.

Ein Mann mit dunkler Daunenjacke läuft zum Dorf Surrein, wo nur einzelne Fenster beleuchtet sind.
Legende: Surrein in der Gemeinde Sumvitg hat keine Strassenbeleuchtung. Dies steht nun zur Diskussion. SRF

Im Blindflug durchs Dorf

Für die Befürworter der Strassenbeleuchtung steht vor allem die Sicherheit im Zentrum. Das sieht auch Otto Deplazes so, der schon bei der ersten Abstimmung vor 30 Jahren im Dorf gewohnt hat. «Weil wir hier immer weniger Leute sind, müssen wir den verbleibenden Sorge tragen. Wir dürfen zum Beispiel keinen einzigen unter einem Auto verlieren.»

Durch den Bevölkerungsschwund sei es zudem noch dunkler geworden im Dorf. Wenn er früher durch den Ort gelaufen sei, dann habe Licht aus jeder Stube herausgeleuchtet und man habe den Weg besser sehen können, sagt Deplazes. «Heute ist es je nach Wetterlage so finster, dass man nicht einmal seine eigene Hand vor den Augen sieht.»

Strasse soll Laternen ersetzen

Andere Dorfbewohner finden, dass die Strasse in der Gemeinde in einem sehr schlechten Zustand sei und dies in der Dunkelheit gerade für ältere Personen ein Problem werden könne.

Daran glaubt Simon Jacomet nicht. Er geht jeden Abend ohne Licht mit seinem Hund spazieren. «Ich weiss mittlerweile, wo die Löcher sind und ausserdem bekommen wir ja sowieso eine neue Strasse. Das macht die Beleuchtung überflüssig, wenn die Strasse so gut wird.»

Junge sind dagegen

Für Jacomets Opposition gegen die Strassenbeleuchtung gibt es aber noch einen anderen Grund: Wenn er hier nachts aus dem Auto aussteige, herrsche eine sehr spezielle Stimmung. Es sei vor allem schön, wenn man den Himmel sehe, der Mond scheine und die Sterne leuchteten. «Es ist eine ruhige Stimmung und das Dorf verschwindet fast schon in der Gegend.»

Der alteingesessene Otto Deplazes will noch keine Abstimmungsprognose wagen, weil viele Einwohner gegen die Beleuchtung sind. «Früher haben wir gedacht, dass sich vor allem geizige Alte dagegen aussprechen, heute gibt es von diesen aber weniger Widerstand.» Dann eher seitens der jungen Dorfbewohner. «Sie finden die Beleuchtung nicht nötig, weil sie sowieso ein Natel im Hosensack haben und damit für Licht sorgen können.»

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