Nur selten erlangt ein Pferd Kultstatus. Doch mit Willi Melligers Spitzenpferd war es so, Calvaro war der Star. Und nun gibt's ihn quasi noch einmal. Er wurde geklont. Calvaro Z habe nicht nur die gleiche Farbe und sei ebenfalls ein grosses Pferd. «Beim Sprung sieht man eine gewisse Ähnlichkeit», sagt Reiter Willi Melliger. «Auf der anderen Seite muss man sagen, dass er, auch wenn er ein Klon ist, die nötige Entwicklung braucht.»
Damit sich ein junges Tier zum Spitzenpferd entwickelt, braucht es aber nicht nur die entsprechenden Gene. Auch andere Faktoren wie Umfeld, Erziehung oder erste Turniererfahrungen sind entscheidend.
Dennoch ist das Erbgut von Ausnahmepferden ein Geschäft, dem sich die Biotech-Firma Cryzootech aus Frankreich seit 2001 widmet. Nicht nur Calvaro, auch andere Spitzenpferde aus Dressur- oder Springreiten wurden hier erfolgreich geklont. Das Ziel ist es, die Gene von verstorbenen oder kastrierten Spitzenpferden der Zucht zugänglich zu machen.
Pferde zu klonen ist schwierig
Um das nötige Genmaterial fürs Klonen zu konservieren, reicht ein sehr kleines Stück Haut des Originalpferdes aus. Man entnimmt einer Stute eine Eizelle und ersetzt das Genmaterial im Innern künstlich durch jenes des Tiers, welches man klonen will. Diese Eizelle wird dann einer Leihstute eingesetzt.
Stéphane Montavon, Pferdetierarzt und Chef Technik Springen des Schweizerischen Verbandes für Pferdesport, erklärt: «Wie bei anderen künstlichen Reproduktionsmethoden erreicht man in 50-70 Prozent der Fälle eine Trächtigkeit.» Das Risiko des Verlusts des Embryos sei während dieser Phase aber gross. «Aus weniger als einem Prozent der erreichten Trächtigkeit entsteht ein lebendiges Fohlen.»
Das Klonen von Pferden ist ein aufwendiges und auch kostspieliges Unterfangen. Die französische Biotech-Firma verlangt für ein solches Fohlen 250‘000 Euro. Für die Besitzer mit dem nötigen Kleingeld spiele vor allem der emotionale Aspekt eine wichtige Rolle.
«Wenn man einmal ein richtiges Toppferd hatte, kann man sehr glücklich sein, dass man in seiner Karriere überhaupt ein solches Pferd hatte», sagt der Tierarzt. Er könne verstehen, dass so ein Reiter ein zweites solches Pferd bei sich haben möchte.
Calvaro für Zuchtzwecke geklont
Calvaro Z wurde für Zuchtzwecke auf eigene Rechnung der Firma produziert. Dass ein Besitzer sein Pferd klont in der Hoffnung, ähnliche sportliche Erfolge zu wiederholen, sei ein falscher Ansporn, glaubt Stéphane Montavon, denn dies werde kaum möglich sein. «Ich bin zwar überzeugt, dass der neue Calvaro oder der Klon im Jahr 2015 den gleichen Erfolg haben könnte.» Doch die Prüfungen seien anders, viel schneller und technischer. Der Sport habe sich auch verändert. «Es sind heute andere Typen von Pferden gefordert.»
Zurzeit gibt es etwa 150 geklonte Pferde auf der Welt. Das Klonen werde jedoch kaum ein grosser Trend, glaubt Stéphane Montavon.
Dieser Meinung ist auch der Schweizer Springreiter Willi Melliger. Für ihn ist Calvaro Z trotz der Ähnlichkeit ein Schimmel wie jeder andere. Von seinem Calvaro, dem Original, hat er sich vor zwölf Jahren verabschiedet. Er wurde eingeschläfert. «Einen zweiten Calvaro wird es nicht mehr geben und ich glaube nach wie vor, dass man die Natur nicht umgehen kann und die natürliche Geburt immer noch das Beste ist», sagt Melliger.