Freude und Aufregung: Endlich mussten die Schweizer nicht mehr auf ausländische Sender ausweichen, um angesagte Musik zu hören. Am 1. November 1983 schickten die ersten sieben Lokalradios ihre Sendungen über den Äther – ganz legal: Basilisk, ExtraBern, Raurach, Sunshine, Radio Z, Zürisee und Radio 24.
Bundesrat unter Druck
Bereits 1976 waren die UKW-Frequenzen zwischen 100 und 104 Megahertz zur Radionutzung freigegeben worden. Rasch fingen Bastler und Aktivisten zu senden – ohne Konzession. Dies versuchte die Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe PTT zu verhindern.
Doch ernst wurde es erst, als Roger Schawinski, zum Ärger der Bundesbehörden, mit seinem Piratensender Radio 24 auf dem grenznahen Pizzo Groppero Zürich beschallte. Schawinski gewann schnell an Popularität – die Zulassung von Lokalsendern wurde für den Bundesrat unvermeidlich. 1983 löste er das Monopol der SRG auf und vergab erstmals Konzessionen an Privatradios.
Die Entwicklung schreckte die SRG auf. Schon 1978 hatte Radio DRS begonnen, Lokaljournale auszustrahlen. Nun aber musste dringend musikalisch etwas für die Jugend getan werden. Das Resultat war DRS 3 – heute Radio SRF 3: Der «amtlich bewilligte Störsender» begann am 1. November 00.01 Uhr zu senden – mit Babygeschrei.
Mit dem Aufkommen der Lokalradios habe das Medium Radio als ganzes einen neuen Aufschwung erlebt, sagt der ehemalige DRS-Radiodirektor Walter Rüegg. «Mit den Lokalradios ist wieder ein Radiofieber ausgebrochen.»
Die neuen Radioangebote im lokalen Bereich und DRS 3 sorgten tatsächlich für rund 20 Prozent mehr Radionutzung pro Tag. Hingegen ging vor allem den ausländischen Popsendern Hörer verloren. DRS 3 startet im ersten Jahr mit 14 Prozent Marktanteil.
Mainstream versus Spezialisierung
Die Euphorie ebbte jedoch bereits wenige Jahre nach dem Start ab. Mit Programmreformen und neuen Designs versuchte sich DRS 3 gegen die stetig wachsende Anzahl Lokalradios zu behaupten.
Für den ehemalige DRS-Radiodirektor Rüegg wurde das Radioprogramm durch die vielen neuen Sendern aber nicht unbedingt vielfältiger. «Weil die Radios sich mit Werbung finanzieren müssen, wählen sie ein gängiges Musikformat, das alle anspricht.» Den Mainstream bedauert Rüegg.
Dennoch haben sich gewissen Sender spezialisiert – auch DRS 3. Im Jahr 2002 setzt der Programmleiter auf mehr Informationen auch im Bereich der populären Musik und verteidigt die Veränderungen: «DRS 3 ist kein Mainstream-Radio. DRS 3 ist wenn schon ein Pop-Info-Kanal».
Die Spezialisierung funktioniert – auch im Privatradio-Sektor. Als Beispiel nennt Rüegg den Raum Zürich. Hier gibt es zahlreiche Radiostationen: Radio 24, Radio Energy, Radio Zürichsee, Radio 1 und und und... . In diesem Ballungsgebiet habe es genug Publikum und genügend Werbegelder für mehrere Sender. Eine solche Vielfalt gibt es aber nicht in allen Sendegebieten. Noch nicht: Die knappen UKW-Frequenzen sind vergeben.
Zudem ermöglichen neue Technologien, DAB plus, Internet-Radio und auch Social Media heute ein breiteres Angebot und einen besseren Draht zum Publikum, zur Community. Und dies nutzen heute auch viele Privatradios.