Das Theater war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Das Bühnenbild stellt eine Gerichtssituation dar, in der sich an Holztischen Richterin, Anklage, Verteidigung und die Geschworenen gegenübersitzen.
Doch keiner auf der Bühne ist ein echter Schauspieler. Es sind Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Medien, die sich bereit erklärt haben, in diesem fiktiven Prozess eine Rolle zu übernehmen.
Sieben Geschworene – Bürger und Bürgerinnen der Schweiz – werden am Sonntagabend darüber entscheiden, ob die «Weltwoche» in drei Anklagepunkten für schuldig erklärt wird. Es geht um den Verstoss gegen den Artikel 258 des Schweizer Strafrechts «Schreckung der Bevölkerung», Artikel 261 «Rassendiskriminierung» und Artikel 275 «Gefährdung der verfassungsmässigen Ordnung». Auch wenn das Ganze im Theater stattfindet und das Urteil juristisch folgenlos sein wird, geht es Regisseur Milo Rau mit den Zürcher Prozessen um die Wirklichkeit. «Was ich hier mache, ist fiktionalisiere etwas Reales. Also ich nehme einen realen Fall, aber ich habe ein komplett fiktionales Tribunal. In dem aber eine Realität entsteht, die auch wieder real ist.»
So viel hat der gestrige Abend, an dem die Plädoyers der Anklage und der Verteidigung vorgetragen wurden, schon gezeigt: Es geht um grundlegende moralische Fragen. Steht die Medienfreiheit über dem Schutz vor Minderheiten. Ab wann wird eine publizistische Haltung zu einem juristischen Fall. Und nicht zuletzt die Frage, ob das Theaterformat der Zürcher Prozesse diese Diskussion in Gang bringen kann. (aebyni;weis)