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Menschen sitzen vor einer Wand, an die Fotos projiziert werden.
Legende: Blick in den Pavillon der beiden Gastländer Niederlande und Belgien an der Frankfurter Buchmesse. Keystone

Panorama Frankfurter Buchmesse: Flirt mit der Kunst

Heute wird die Frankfurter Buchmesse eröffnet. Um profitabel zu bleiben, orientiert sich die Messe dieses Jahr an der bildenden Kunst. Denn nicht zuletzt lässt sich Kunst als Event derzeit viel besser verkaufen als Literatur.

Die Frankfurter Buchmesse ist seit vielen Jahren mehr als eine Buchmesse. Neben den gedruckten Büchern spielen immer mehr auch neue Medien und moderne Technologien eine Rolle. Dieses Jahr geht die Frankfurter Buchmesse aber einen Schritt weiter. Sie will sich an der bildenden Kunst orientieren. SRF-Kulturredaktor Michael Luisier im Gespräch über die neue Ausrichtung der Frankfurter Buchmesse.

SRF News: Die Frankfurter Buchmesse orientiert sich dieses Jahr an der bildenden Kunst. Was steckt hinter dieser Neuorientierung?

Michael Luisier: Die Frankfurter Buchmesse möchte sich im Prinzip an den Hype hängen, den es derzeit um die Kunst gibt. Kunst verkauft sich im Moment sehr viel besser als Literatur. Literatur hat ja den Ruf, altmodisch zu sein. Und von diesem Hype möchte die Frankfurter Buchmesse profitieren. Stichwort dazu ist der Event. Die Kunst setzt auf den Event – Ausstellungen, Biennalen, grosse Gesellschaftsanlässe. Und der zweite Punkt ist die Technologie. Die Kunstszene hat viel weniger Berührungsängste mit neuen Technologien als die Literatur, die ja immer noch auf das gute alte gedruckte Buch setzt.

Wie äusserst sich diese Orientierung an der Kunst an der diesjährigen Frankfurter Buchmesse? Was ist anders als früher?

Es gibt die sogenannte «The Arts Plus», das ist eine Messe innerhalb der Frankfurter Buchmesse, an der diverse Vertreter der sogenannten Kreativindustrie präsent sind, das sind vor allem Museen. Das Museum of Modern Art in New York gehört beispielsweise dazu. Und diese Vertreter der Kreativindustrie werden zusammen mit Verlagsleuten bessere Geschäftsmodelle diskutieren. Anders ist auch, dass dieses Jahr ein Künstler die Eröffnungsrede an der Buchmesse gehalten hat, David Hockney. Das ist ein 79-jähriger Star der Kunstszene, der die Vorzüge des iPads als Arbeitsinstrument für den Künstler präsentiert hat.

Kann man das Ganze auch als Hilferuf der Buchbranche interpretieren, weil das gedruckte Buch zu wenig attraktiv ist in der heutigen Zeit?

Hilferuf glaube ich nicht. Es geht sicher darum, mehr aufzufallen, mehr Publicity zu kriegen. Gleichzeitig haben aber die Organisatoren bei der Eröffnung der Messe gesagt, dass die Verkaufszahlen des Buches nicht zurückgegangen sind. Sie sind im Verlaufe der letzten zehn Jahre gleichgeblieben. Es ist eine Öffnung, um von anderen zu profitieren. Es ist ein weiterer Schritt, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen. Und das steht auch in der Tradition der Frankfurter Buchmesse, die sich immer neuen Trends und neuen Richtungen gestellt hat.

Was halten denn die Autorinnen und Autoren, die oft als stille und zurückhaltende Schaffer gelten, von dieser Öffnung Richtung Events und Kunst?

Bisher war das noch nicht ein grosses Thema. Und das ist ja auch klar, weil Literatur ganz anders funktioniert. Aus Literatur kann kein kurzlebiges Medienevent gemacht werden. Bei der Literatur geht ja eigentlich darum, dass eine Person lange Zeit in der stillen Kammer sitzt und ein Buch schreibt und eine andere Person ebenfalls für lange Zeit in der Kammer sitzt und ein Buch liest. Das ist kein Event, sondern etwas Einsames, etwas Zeitintensives, aber das ist nun mal das Wesen der Literatur.

Das Gespräch führte Stefan Kohler.

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