Geisternetze bedrohen die Meerestiere
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Bild 1 von 9. Geisternetze sind herrenlose Fischernetze, in denen viele Meerestiere verenden. Diese Netze können ewig weiterfischen. Bildquelle: WWF.
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Bild 2 von 9. Der WWF will nun klären, wie viele alte Fischernetze sich an den Ostsee-Wracks befinden. Ausserdem will die Organisation wissen, ob die Geisternetze geborgen werden können, ohne die Wracks zu beschädigen. Bildquelle: WWF.
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Bild 3 von 9. Auch für die Taucher sind die Netze eine Gefahr. Bei geringer Sicht können sie sich selbst in den Netzen verheddern. Bildquelle: WWF.
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Bild 4 von 9. Material und Maschenweite der Netze werden genau untersucht. So lässt sich einschätzen, ob die Netzteile bei der Bergung reissen, ob sie biologisch abbaubar sind oder aus Plastik bestehen. Fischernetze aus Kunststoffmaterial zersetzen sich erst nach Jahrzehnten und werden so zur Falle für die Meerestiere. Bildquelle: WWF.
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Bild 5 von 9. Im März 2014 haben Taucher eine Woche lang die Wracks in der Ostsee abgesucht, um herauszufinden, wie viele Tiere hier verendet sind und welche Netze geborgen werden sollen. Bildquelle: WWF.
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Bild 6 von 9. Manche Netze an den Wracks sind komplett von Muscheln überwachsen, so dass man sie kaum noch erkennen kann. Diese Netze lassen sich kaum bergen, sind aber auch keine grosse Gefahr mehr. Bildquelle: WWF.
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Bild 7 von 9. Oft sind die Geisternetze stark in den Wracks verheddert. Das Problem: Einige alte Schiffswracks stehen unter Denkmalschutz und dürfen nicht beschädigt werden. Bildquelle: WWF.
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Bild 8 von 9. Bodenlebende Fische wie Seeskorpione oder Dorsche sind durch die Geisternetze an den Wracks besonders gefährdet. Sie suchen am Boden nach Nahrung und können dabei in die Netze schwimmen und sich verheddern. Bildquelle: WWF.
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Bild 9 von 9. Manche Ostsee-Wracks sind völlig von Geisternetzen bedeckt. Weltweit besteht fast ein Zehntel des Meeresmülls aus verloren gegangenen und weggeworfenen Fischernetzen. Bildquelle: WWF.
Sie sind mit Muscheln und Algen bewachsen und liegen wie ein Schleier über Wracks, verlorenen Ankern oder grossen Steinen am Meeresgrund – Fischernetze, die in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen sind.
«Seit 60 Jahren wird auf den Meeren mit Kunststoffnetzen gefischt», sagt der Vorsitzende des Vereins Archaeomare, Thomas Förster. «Anders als ihre Vorgänger verrotten die Nylon-Netze nicht und haben sich über die Jahrzehnte an Hindernissen gesammelt.»
Tausende Tonnen Müll in den Meeren
Im vergangenen Jahr sind Taucher des Vereins in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Meeresmuseum und der Naturschutzorganisation WWF zu 28 Wracks um Rügen getaucht. Das Ergebnis ist alarmierend: «An allen angetauchten Wracks hatten sich Netze verfangen», sagt Förster, der am Deutschen Meeresmuseum Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) arbeitet. Die Meeresbiologen vermuten, dass die Situation in anderen stark befischten Regionen der Ostsee nicht grundsätzlich anders ist als um Rügen und planen ähnliche Tauchgänge vor Usedom und in der Mecklenburger Bucht.
Verloren gegangene Fischernetze sind ein Teil des Müllproblems in allen Meeren, nicht nur in der Ostsee. Schätzungen des WWF zufolge sind rund ein Zehntel des weltweiten Meeresmülls – 640‘000 Tonnen – solche «Geisternetze». Die Naturschutzorganisation gehe von 5000 bis 10‘000 Netzen oder Netzteilen aus, die jedes Jahr neu in der Ostsee landen, so ihr Ostseebüro-Leiter Jochen Lamp.
Zersetzung dauert Jahrhunderte
Die Kunststoffnetze gehören neben verloren gegangenen Schiffsladungen und Plastikmüll von Stränden oder aus Flüssen zum Zivilisationsmüll, der sich in den Meeren sammelt. Auch nach Jahrzehnten stellen die Netze eine Gefahr für die Meeresumwelt wie auch für die im Wasser lebenden Tiere dar - denn sie erfüllen noch immer ihren eigentlichen Zweck, das Fangen.
«Vor allem bei Tauchgängen in den Wintermonaten haben wir in den Netzen Dorsche, Flundern und Seeskorpione gefunden», berichtet Förster. Offenbar suchen die Tiere gerade in den kalten Monaten Zuflucht an schützenden Wracks. Die Netze werden dann zu tödlichen Fallen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes kann es um die 450 Jahre dauern, bis sich ein Produkt aus Plastik in der Umwelt zersetzt.
Möglichkeit zur Ortung der Netze
Derzeit werden für die Küste um die Ostseeinseln Rügen und Usedom alle verfügbaren Ergebnisse aus Tauchgängen und Karten zusammengeführt, sagt Förster. Auch sogenannte Hackerkarten, in denen die Fischer in den vergangenen Jahrzehnten Hindernisse vermerkten, an denen sie Netze verloren, werden ausgewertet.
Im Spätsommer wollen Archaeomare, WWF und Meeresmuseum mit der Bergung von Geisternetzen vor der deutschen Ostseeküste beginnen. Welche Mengen bei solchen Aktionen zusammenkommen können, haben Umweltschützer in Polen gezeigt. «Unsere WWF-Kollegen haben an nur 20 Tagen auf See rund sechs Tonnen Netze von Wracks und vom Meeresgrund geborgen», sagt Jochen Lamp.
Meeresbiologen und Umweltschützer fordern, dass Netze mit akustischen Signalgebern ausgestattet werden, damit sie bei Verlust geortet und eingesammelt werden können. «Die Rückholbarkeit von Netzen ist entscheidend», sagt Lamp. Anders lasse sich das jährlich grösser werdende Problem nicht in den Griff bekommen.