Warum will der isländische Innenminister die Pornographie im Internet verbieten?
Bruno Kaufmann: Es gibt zwei Gründe. Erstens der Jugendschutz. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass schon 11Jährige regelmässig Pornos im Internet konsumieren. Zweitens die Gleichberechtigung. Pornos richten sich vor allem gegen Frauen. Island will einen Schritt weitergehen bei der Verschärfung der Gesetze für die Sexindustrie. Man hat bisher Striptease-Lokale, Prostitution und die gedruckte Pornographie verboten.
Wie will die Regierung die Menschen vom Konsum abhalten?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Mit einer echten Zensur begäbe man sich auf einem Weg, den China und Saudi-Arabien eingeschlagen haben. Island möchte nicht mit einer Zensur Schlagzeilen machen. Der Innenminister schlägt vor: Isländische Kreditkarten sollen gesperrt werden, wenn damit pornographische Inhalte im Internet bezahlt werden sollen. Damit kann man freilich nur die kommerzielle Nutzung stoppen. Die offenen Seiten mit Gratis-Inhalten wären davon nicht betroffen.
Es ist also nicht durchsetzbar?
Nein. Das Vorhaben erinnert an Norwegens Verbot der gedruckten Pornographie vor gut 20 Jahren. Damals mussten die Beamten mit Scheren bewaffnet in die Kioske gehen und die Magazine nach pornographischem Material durchschauen. Und so etwas möchten die Isländer in der digitalen Zeit vollziehen.
Wie kommt das Vorhaben bei der Bevölkerung an?
Die bisherigen Verschärfungen sind nicht auf grossen Widerstand gestossen. Die Bevölkerung unterstützt die Argumente für den Jugendschutz und für die Gleichberechtigung. Man geht jetzt aber auf Konfrontationskurs mit einem anderen Anliegen. Island schützt die freien Medien und das freie Internet. Es ist schon merkwürdig, dass der Innenminister und die Regierung ein solches Vorhaben unterstützen.
Wird diese Sperre im Parlament durchkommen?
Nein. In Island kommt derzeit im Parlament fast nichts mehr durch. Es tagt nur noch zwei Wochen. Dann tritt der Wahlkampf in die heisse Phase ein. Ende April wird ein neues Parlament gewählt. Die sehr zerstrittenen Parteien einigen sich auf gar nichts mehr. Der Vorschlag der rot-grünen Seite ist eher ein Erhaschen von Aufmerksamkeit.