Der angeblich nach monatelanger Odyssee auf dem Meer im Südpazifik an Land gespülte Fischer aus Lateinamerika ist offenbar in erstaunlich guter Verfassung. Das hat Fragen über den Wahrheitsgehalt seiner Geschichte aufgeworfen.
«Wir haben noch keine Gelegenheit gehabt, seine Geschichte zu verifizieren», sagte der Aussenminister der Marshall-Inseln, Gee Bing, dem australischen Sender ABC. Der Mann sei in der Hauptstadt Majuro schon aus dem Krankenhaus entlassen worden und warte auf seine Heimreise.
Geretteter telefonierte mit Mutter
Auf einem Video, das der Sender CNN aus Majuro zeigte, ist ein Mann mit wildem Haar und Bart, aber nach allem Anschein gut genährt zu sehen. Er geht, gestützt auf einen Pfleger, auf wackligen Beinen eine Schiffsplanke hinab. «Er ist sicherlich in einer deutlich besseren Verfassung als man nach so einer Tortur erwartet hätte», sagte der US-Botschafter Thomas Armbruster dem Sender CNN.
Der Mann sagt, er sei Jose Alvarenga, 37 Jahre alt, und spreche nur Spanisch. Ein Mann aus El Salvador dieses Namens habe lange in Mexiko gelebt, bestätigten dort die Behörden. CNN sprach in El Salvador mit Julia Alvarenga, die sagte, sie habe immer gewusst, dass ihr Sohn noch lebe. Der Mann telefonierte auch mit einem Bruder in den USA.
Schildkrötenblut statt Wasser
Sicher ist bislang nur, dass er vergangene Woche mit einem kaputten Boot und nur einer zerfetzten Unterhose bekleidet auf dem Ebon-Atoll der Marshall-Inseln auftauchte. Die liegen rund 4000 Kilometer nordöstlich der australischen Stadt Cairns und 10'000 Kilometer westlich von Mexiko.
Dies ist die Geschichte, die er mit Übersetzern inzwischen erzählt hat und die die Behörden verifizieren wollen: Er stach nach eigenen Angaben Ende 2012 in Mexiko zum Fischen in See und wurde abgetrieben. Ein zweiter Mann an Bord sei nach vier Wochen gestorben. Er habe sich von selbst gefangenen Schildkröten und Vögeln ernährt und – wenn er kein Regenwasser hatte – deren Blut getrunken.
Spektakuläre Fälle 1992 und 2006
Es gibt immer wieder spektakuläre Fälle von Schiffbrüchigen, die lange Zeit auf dem offenen Meer überleben: 2006 hatte die Besatzung eines taiwanesischen Thunfisch-Kutters nahe den Marschall-Inseln drei Mexikaner gerettet.
Sie waren neun Monate zuvor von der Pazifikküste ihres Heimatlandes aus zum Fischen aufgebrochen. Nach einem Motorschaden trieben sie auf das offene Meer hinaus. Während ihrer Odyssee ernährten sie sich von rohem Fisch sowie dem Fleisch von Seevögeln und tranken Regenwasser.
1992 überlebten zwei Fischer aus Kiribati 177 Tage auf hoher See, bevor sie Samoa erreichten.